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20.07.2017; 19:57 Uhr
EuGH-Generalanwalt: Interessenmittelpunkt einer Gesellschaft bestimmt zuständiges Gericht
Verletzung von Persönlichkeitsrechten einer juristischen Person durch Verleumdung im Internet

Eine Gesellschaft, die eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte durch die Veröffentlichung von Angaben im Internet behauptet, kann hinsichtlich des gesamten geltend gemachten Schadens in dem EU-Mitgliedstaat klagen, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet. Nach Auffassung des EuGH-Generalanwalts Michael Bobek ist bei Klagen wegen Verleumdung im Internet der Ort, an dem sich der Mittelpunkt der Interessen einer Gesellschaft befindet, wahrscheinlich der Ort, an dem ihr Ansehen durch die Verleumdung am stärksten beeinträchtigt worden ist (Schlussanträge vom 13. Juli 2017; Az.: C-194/16).

Klägerin ist eine estnische Gesellschaft mit Sitz in Talin, die ihre Geschäfte größtenteils in Schweden tätigt. Eine schwedische Handelsvereinigung nahm die Klägerin wegen »Täuschung und betrügerischer Handlungen« in eine schwarze Liste auf. Vor einem estnischen Gericht begehrte die Klägerin die Entfernung der Eintragung in der schwarzen Liste. Daneben machte sie Schadensersatz wegen Geschäftsschädigung geltend.

In seinen Schlussanträgen führt EuGH-Generalanwalt Bobek insbesondere an, dass der EuGH bereits in der Vergangenheit in Fällen, in denen der Kläger eine natürliche Person ist, festgestellt hat, dass der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, der Staat ist, in dem sich der »Mittelpunkt der Interessen« dieser Person befindet. Es gebe nach seiner Ansicht keinen vernünftigen Grund, weshalb die Zuständigkeitsregeln, je nachdem, ob der Kläger eine natürliche oder eine juristische Person sei, unterschiedlich angewendet werden sollten. Bei der Bestimmung des »Mittelpunkts der Interessen« von juristischen Personen würden die relevanten Faktoren nach Ansicht des Generalanwalts in den hauptsächlichen gewerblichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeiten zu sehen sein, die sich am genauesten auf der Grundlage des Umsatzes, der Zahl der Kunden oder anderer beruflicher Kontakte bestimmen ließen. Er erkennt dabei an, dass natürliche und juristische Personen mehr als einen Mittelpunkt der Interessen haben könnten; es sei jedoch Sache des Klägers zu entscheiden, in welchem Mitgliedstaat er Klage erheben wolle. 

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