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B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG)

Durch diese Neufassung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG wird klargestellt, daß Computerprogramme als literarische Werke (Artikel 1 Abs. 1 der Richtlinie) geschützt sind. Zur Anpassung des Sprachgebrauchs an die international übliche Technologie, die sich auch im modernen Sprachgebrauch in Deutschland durchgesetzt hat, wird ferner der Begriff "Programme für die Datenverarbeitung" durch "Computerprogramme" ersetzt.

Zu Nummer 2 (§ 53 Abs. 4)

§ 53 Abs. 4 Satz 2 ist aufzuheben, weil das Vervielfältigungsrecht in bezug auf Computerprogramme nunmehr durch die §§ 69 c bis 69 e geregelt wird. Die Streichung ändert die bisherige Rechtslage nicht: Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch (§ 53 UrhG) sind ohne Einwilligung des Rechtsinhabers stets unzulässig (§ 69 a Abs. 4 letzter Halbsatz).

Zu Nummer 3 (Einfügung eines Achten Abschnitts)

Weshalb vorgeschlagen wird, die erforderlichen Sondervorschriften des Urheberrechtsschutzes für Computerprogramme in einem neuen Achten Abschnitt des Ersten Teils zusammenzufassen, ist im wesentlichen bereits im Allgemeinen Teil der Begründung erläutert (siehe unter A. 2.). Dieser zusätzliche Abschnitt wird im Ersten Teil - Urheberrecht - des UrhG eingefügt, weil nur die Einordnung des Rechtsschutzes als Urheberrecht im Sinne dieses Teils dem Harmonisierungsziel der Richtlinie gerecht wird. Dadurch wird neben der ausdrücklichen Erwähnung der Computerprogramme in § 2 Abs. 1 Nr. 1 deutlich hervorgehoben, daß Computerprogramme als literarische Werke geschützt werden.

Zu § 69 a

Zu Absatz 1

§ 69a Abs. 1 setzt Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie um. Die Richtlinie enthält in Übereinstimmung mit dem ihr zugrundeliegenden Vorschlag der EG-Kommission vom 5. Januar 1989 keine Definition des Begriffs Computerprogramm. Eine Begriffsdefinition erschien nicht als ratsam, da zu befürchten wäre, daß sie alsbald durch die Entwicklung überholt würde. Erläutert wird der Begriff Computerprogramm im 7. Erwägungsgrund. Er soll Programme in jeder Form erfassen, auch solche, die in die Hardware integriert sind. Das Entwurfsmaterial wird durch Heranziehung dieses Erwägungsgrundes in Anwendung der Sonderbestimmungen des Achten Abschnitts geschützt, sofern die Art der vorbereitenden Arbeit die spätere Entstehung eines Computerprogramms zuläßt.

Zu Absatz 2

Absatz 2 entspricht Artikel 1 Abs. 2 der Richtlinie.

Diese Bestimmung bezieht sich auf den allgemeinen urheberrechtlichen Grundsatz, daß nur Form und Ausdruck eines Werkes, nicht jedoch die Idee geschützt sind (13. bis 15. Erwägungsgrund). Geschützt sind alle Ausdrucksformen einschließlich des nur maschinell lesbaren Objektprogramms (object code).

Die Klarstellung in Satz 2 gilt nur für den Schutz durch das Urheberrecht; vgl. auch den neuen § 69 g Abs. 1.

Der Gesetzentwurf enthält ebenso wie die Richtlinie keine Regelung der Frage, wie Ausdruck und Idee voneinander abzugrenzen sind. Die Lösung dieses Problems ist der Rechtsprechung vorbehalten.

Der Richtlinientext enthält weiterhin keine ausdrückliche Definition des Begriffs "Schnittstelle". Der 11. Erwägungsgrund beschreibt die Schnittstelle von ihrer Funktion her: Die Teile des Programms, die eine Verbindung und Interaktion zwischen den Elementen von Hardware und Software ermöglichen sollen, sind allgemein als "Schnittstellen" bekannt.

Zu Absatz 3

Absatz 3 Satz 1 und 2 entspricht Artikel 1 Abs. 3 der Richtlinie i. V. m. dem 8. Erwägungsgrund.

Artikel 1 Abs. 3 der Richtlinie beinhaltet eine EG-weite Harmonisierung der Anforderungen an die Schöpfungshöhe von Computerprogrammen auf einem einheitlichen Niveau. Es soll verhindert werden, daß ein Programm in einem Mitgliedstaat urheberrechtlichen Schutz genießt, in einem anderen hingegen wegen höherer Anforderungen an die Schöpfungshöhe nicht.

Die Bestimmungen der EG-Richtlinie führen dazu, daß Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen die Regel und fehlende Schöpfungshöhe die Ausnahme ist. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in der ”Inkassoprogramm"- und der "Betriebssystem"- Entscheidung steht nicht in Einklang mit der Richtlinie. Diese erfordert auch den Schutz der einfachen persönlichen Schöpfung, der sog. "kleinen Münze".

Dieser Entwurf sieht keine gesetzliche Vermutung der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Computerprogrammen vor. Entsprechende Forderungen zur Verminderung der Darlegungs- und Beweislast der eine Urheberrechtsverletzung geltend machenden Prozeßpartei sind zwar im Zuge der Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens erhoben worden.

Eine solche Vermutung wäre aber der Systematik des Schutzes des geistigen Eigentums fremd. Das Urheberrecht entsteht mit der Schöpfung des Werkes. Es ist nicht an die Erfüllung irgendwelcher Förmlichkeiten oder an behördliche Akte gebunden, wie z. B. die Patenterteilung (§ 1 PatG), Anmeldung und Eintragung von Warenzeichen (§§ 1 ff. WZG) und Geschmacksmustern (§§ 7 ff. Geschmacksmustergesetz). An solche behördlichen Akte können Vermutungswirkungen für den Rechtsverkehr geknüpft werden. Diese Systematik würde verlassen, wenn schon an den internen Akt der Schöpfung des Werkes gesetzliche Vermutungswirkungen angeknüpft würden.

Die unbestrittene Notwendigkeit, Computerprogrammen effektiven Rechtsschutz zu gewähren, erfordert nicht, diese grundsätzlichen systematischen Bedenken zurückzustellen. Der bisher gewährte Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen hat sich wegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Schöpfungshöhe als ineffektiv erwiesen. Für diese Rechtsprechung ist, wie ausgeführt, unter der Geltung des § 69 a Abs. 3 kein Raum mehr. Es ist zu erwarten, daß sich die unterschiedlichen nationalen Anforderungen an die Schöpfungshöhe vereinheitlichen werden und so das spezifisch deutsche Problem der Darlegung und des Nachweises von Werkqualität gelöst wird.

Es ist Aufgabe der Rechtsprechung, in praxisgerechter Weise dem Umstand, daß Urheberrechtsschutz für Computerprogramme nunmehr die Regel ist, bei der Beurteilung der Frage Rechnung zu tragen, welche Anforderungen an die Darlegungslast zur Schöpfungshöhe zu stellen sind. Der Kläger wird darzulegen haben, daß sein Programm nicht lediglich das Werk eines anderen nachahmt, daß es eine eigene geistige Schöpfung ist. Nur wenn ernsthafte Anhaltspunkte bestehen, daß ein Programm sehr einfach strukturiert ist, sollte eine nähere Darlegung des Inhaltes des Programms verlangt werden. Nötig sind Erleichterungen der Darlegungslast, die eine globale, pauschale Beschreibung des Umstandes ermöglichen, daß ein Programm nicht völlig banal und zumindest als "kleine Münze" geschützt ist. Die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung oder die Grenzbeschlagnahme (§ 111 a UrhG) darf nicht durch zu hohe Anforderungen an die Darlegung der Werkqualität eines Computerprogramms erschwert werden, mit der Folge, daß diese Verfahrensweisen praktisch kaum handhabbar wären.

Zu Absatz 4

Absatz 4 vervollständigt die Vorschriften des neuen Abschnitts des UrhG. Die Richtlinie behandelt nicht alle Bereiche, die für den Rechtsschutz von Computerprogrammen von Bedeutung sind. So fehlt - von der bruchstückhaften Regelung des Artikels 7 abgesehen - ein Sanktionensystem für den Fall von Rechtsverletzungen. Die Richtlinie behandelt auch nicht Fragen des Urheberpersönlichkeitsrechtes. Dementsprechend regeln auch die vorgesehenen Sondervorschriften des Achten Abschnitts nicht alle urheberrechtlichen Verhältnisse in bezug auf Computerprogramme.

Ferner ermöglicht diese Verweisung, die Sonderbestimmungen für Computerprogramme auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken. So bedürfen Artikel 2 Abs. 1 und 2 sowie Artikel 3 der Richtlinie wegen der §§ 7 bis 10 UrhG keiner Umsetzung. Das Schöpferprinzip (Artikel 2 Abs. 1 Satz 1) ist im Dritten Abschnitt des Ersten Teils verwirklicht. Artikel 2 Abs. 1 ermöglicht ferner, juristische Personen als Urheber anzusehen oder kollektive Werke anzuerkennen, Verpflichtungen zu Änderungen der Systematik des UrhG bestehen nicht. Die Änderungen der Formulierung des Artikels 2 Abs. 2 im Rat der EG bezweckten, die Regelung des Innenverhältnisses zwischen Miturhebern den nationalen Rechtsordnungen vorzubehalten. Artikel 3 nimmt lediglich auf das innerstaatliche Urheberrecht Bezug. Auch bei der Frage der Schutzdauer kann es bei den allgemeinen Regeln verbleiben (Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie).

Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie wird schon von der Vorschrift des § 96 Abs. 1 UrhG mit erfaßt. Das deutsche Recht reicht sogar über die Mindestverpflichtungen aufgrund dieser Richtlinienbestimmung hinaus. Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe a erfaßt nur schuldhaftes Verhalten im Sinne des deutschen Zivilrechts, während § 96 Abs. 1 UrhG lediglich auf die Rechtswidrigkeit der Herstellung von Vervielfältigungsstücken abstellt und keine Elemente der Vorwerfbarkeit enthält.

Zu § 69 b
Zu Absatz 1

Diese Bestimmung übernimmt Artikel 2 Abs. 3 der Richtlinie. Danach ist, sofern keine andere vertragliche Vereinbarung getroffen wird, bei Arbeitsverhältnissen ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller wirtschaftlichen Rechte an dem so geschaffenen Programm berechtigt. § 43 UrhG liegt demgegenüber eine andere Grundkonzeption zugrunde: Will der Arbeitgeber ein Werk verwerten, so muß er sich hierfür die erforderlichen Nutzungsrechte vertraglich einräumen lassen (amtliche Begründung zu § 43, BT-Drucksache IV/270 S. 61). Es besteht keine gesetzliche Vermutung, daß durch das Arbeitsverhältnis diese Rechte vollständig eingeräumt sind. Vor diesem Hintergrund besteht nationaler Gesetzgebungsbedarf. Es erscheint nicht sichergestellt, daß durch Auslegung der Generalklausel des § 43 UrhG durch die Rechtsprechung eine korrekte Umsetzung des Artikels 2 Abs. 3 der Richtlinie erfolgen wird.

Dem Arbeitgeber stehen nach Artikel 2 Abs. 3 der Richtlinie die wirtschaftlichen Rechte ausschließlich zu. Durch die Einfügung des zusätzlichen Begriffs "wirtschaftlich" in Artikel 2 Abs. 3 durch den Rat der EG sollte deutlich gemacht werden, daß Urheberpersönlichkeitsrechte nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen. Artikel 2 Abs. 3 sollte in Einklang mit Artikel 6bis RBÜ gebracht werden. Nach dieser Bestimmung behält der Urheber unabhängig von seinen vermögensrechtlichen Befugnissen und selbst nach deren Abtretung das Recht, die Urheberschaft am Werk für sich in Anspruch zu nehmen und sich jeder Entstellung, Verstümmelung, sonstigen Änderung oder Beeinträchtigung des Werkes zu widersetzen, die seine Ehre oder seinem Ruf nachteilig sein könnten. Die Fomulierung "economic rights" in Artikel 2 Abs. 3 des englischen Textes der Richtlinie entspricht Artikel 6bis Abs. 1 der RBÜ. In der amtlichen Übersetzung der RBÜ wird "economic rights" mit "vermögensrechtlichen Befugnissen" wiedergegeben, während die deutsche Fassung der Richtlinie hierfür die Formulierung "wirtschaftliche Rechte" gewählt hat. Dieser Entwurf übernimmt die amtliche deutsche Übersetzung der RBÜ.

Um den Sinn und Zweck des § 69 b Abs. 1, Artikel 2 Abs. 3 der Richtlinie vollständig umzusetzen, Rechnung zu tragen, sind im Ergebnis die vermögensrechtlichen Befugnisse dem Arbeitgeber vollständig zuzuordnen. Für eine Anwendung der Zweckübertragungslehre ist daher, soweit § 69 b reicht, bei Computerprogrammen kein Raum mehr.

Diese Zuordnung der vermögensrechtlichen Befugnisse zum Arbeitgeber führt dazu, daß dem Arbeitgeber auch das Recht der Bearbeitung eines Computerprogramms oder der Verwertung durch Dritte zusteht. Ebenso wie § 43 UrhG erfaßt auch § 69 b nicht alle Werke eines Arbeitnehmers. Es ist erforderlich, daß ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen des Arbeitgebers erstellt wird, § 69 b und auch §43 UrhG finden auf außervertragliche bzw. außerdienstliche Werke keine Anwendung.

Zu Absatz 2

Die Richtlinie enthält keine Definition des Begriffs des Arbeitnehmers. Eine Definition ist auch dem sonstigen EG-Recht nicht zu entnehmen. Die Frage, wer im Rahmen des Absatzes 1 als Arbeitnehmer anzusehen ist, richtet sich daher nach den bisherigen, im Arbeitsrecht und zu § 43 UrhG entwickelten Rechtsgrundsätzen. Absatz 2 erstreckt die Grundsätze des Absatzes 1 in Anlehnung an § 43 auch auf Dienstverhältnisse, weil eine abweichende Behandlung der in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältrissen stehenden Personen im vorliegenden Sachzusammenhang nicht gerechtfertigt wäre. Absatz 2 gilt für alle öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse. Er ist anwendbar auf Beamte, Soldaten und Richter und auch auf sonstige öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse, die keine Beamtenverhältnisse im engeren Sinne sind.

Zu § 69 c

Zu Nummer 1

Diese Vorschrift entspricht Artikel 4 Buchstabe a der Richtlinie; sie behandelt die Frage, wie der Vervielfältigungsbegriff des Urheberrechts im Hinblick auf Computerprogramme zu verstehen ist. Diese Frage ist im deutschen Recht bisher nicht abschließend geklärt (siehe hierzu BGH, Urteil vom 9. Oktober 1990 - 1 ZR 139/89 - CR 1991, 80,85 – "Betriebssystem"). Artikel 4 Buchstabe a wird wörtlich übernommen, um bei der Anwendung dieses zentralen Rechtsbegriffes einen möglichst vollständigen Einklang mit der künftigen europäischen Rechtsentwicklung sicherzustellen.

Die Wörter "dauerhafte oder vorübergehende" Vervielfältigung sind im Rat der EG auf einen Vorschlag des Europäischen Parlaments hin eingefügt worden. Dadurch sollte sichergestellt werden, daß ein Programm nicht unter Umgehung der Lizenzverträge gleichzeitig auf verschiedenen Terminals benutzt werden kann.

Zu Nummer 2

Diese Bestimmung übernimmt Artikel 4 Buchstabe b der Richtlinie. Satz 2 verwendet anstatt umarbeiten den Terminus bearbeiten, weil nach dem UrhG eigene Rechte durch Bearbeiten und nicht durch Umarbeiten entstehen (§ 3 UrhG). Übersetzen ist als Bearbeiten anzusehen. Ohne diese Anpassung an den Sprachgebrauch des UrhG wären Änderungen des § 3 UrhG erforderlich, um auch die Begriffe "Arrangement" und "Umarbeitung" zu erfassen.

Die Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag beruhen auf einer Anpassung an die Artikel 8, 12 und 2 Abs. 3 RBO. Sachlich bedeutet dies keine Änderung des ursprünglichen Kommissionsvorschlages.

In Abweichung von § 23 UrhG wird nicht erst die Veröffentlichung oder Verwertung einer Bearbeitung, sondern bereits die Erstellung der Bearbeitung erfaßt.

Zu Nummer 3

Hierdurch wird Artikel 4 Buchstabe c der Richtlinie unter Anpassung an den Sprachgebrauch des UrhG umgesetzt. Diese Bestimmung sieht in Übereinstimmung mit § 17 UrhG ein Verbreitungsrecht vor. Satz 2 entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur gemeinschaftsweiten Erschöpfung des Verbreitungsrechts (EuGH GRUR Int, 1981, 229/231 -Gebührendifferenz Il; GRUR Int. 1982, 372/377 - Polydor/Harlequin).

Entsprechend dem urheberrechtlichen Territorialitätsprinzip beschränkt sich § 69 c Nr. 3 UrhG darauf, die gemeinschaftsweite Erschöpfung für den Geltungsbereich des UrhG zu regeln. Das Verbreitungsrecht in Deutschland wird durch das Inverkehrbringen in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften erschöpft.

Aufgrund der Nummer 5 des Anhanges XVII des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992, die Artikel 4 Buchstabe c der Richtlinie ändert, wird gesetzlich zu regeln sein, daß auch ein Inverkehrbringen in einem der EPTA-Staaten das Verbreitungsrecht in Deutschland erschöpft. Erforderlichenfalls könnte diese Regelung noch dadurch getroffen werden, daß in § 69 c Nr. 3 nach den Wörtern "im Gebiet der Europäischen Gemeinschaften" die Wörter "oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum" eingefügt werden.

Artikel 4 Buchstabe c enthält ferner eine Verpflichtung zur Einführung eines ausschließlichen Rechts, eine Programmkopie zu vermieten oder das Vermieten zu gestatten (Vermietrecht), das durch die Veräußerung eines Werkstückes nicht erlischt. § 17 Abs. 2 (Erschöpfungsgrundsatz) und § 27 UrhG (Vergütung für das Vermieten von Vervielfältigungsstücken) sind daher insoweit auf Computerprogramme nicht anwendbar.

Nach dem 16. Erwägungsgrund ist als "Vermieten" die Überlassung eines Computerprogramms oder eines Vervielfältigungsstücks zur zeitweiligen Verwendung und zu Erwerbszwecken anzusehen. Der öffentliche Verleih bleibt aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen. Die Tätigkeit der Bibliotheken wird daher von der Richtlinie nicht erfaßt. Dieser Entwurf nimmt insoweit ausschließlich die durch die Richtlinie gebotenen Gesetzesänderungen vor. Er verändert daher die bestehende Rechtslage zur Frage des Verleihs von Computerprogrammen in Bibliotheken nicht.

Im Zuge der Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens sind Forderungen erhoben worden, auch für den öffentlichen Verleih von Computerprogrammen ein ausschließliches Recht einzuführen. Demnächst ist eine Richtlinie des Rates zum Vermietrecht, Verleihrecht und zu bestimmten verwandten Schutzrechten zu erwarten, die sich in generellerem Rahmen mit der Verrniet- und Verleihproblematik befaßt. Die Umsetzung dieser Richtlinie ist der geeignete Zeitpunkt zur Überprüfung der Frage, ob sich gesetzgeberischer Handlungsbedarf für den Verleih von Vervielfältigungsstücken von Computerprogrammen ergibt.

Zu § 69 d

Diese Bestimmung entspricht sachlich Artikel 5 der Richtlinie. Die Umformulierungen haben - von der Korrektur des Redaktionsversehens in Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie abgesehen - keine sachliche Bedeutung, sondern sind nur sprachlicher Natur.

Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie - und damit auch § 69 d Abs. 1 - stellt die Möglichkeit der bestimmungsgemäßen Verwendung eines Programms sicher, wenn die näheren Einzelheiten der Benutzung nicht vertraglich geregelt sind. Artikel 4 Buchstaben a und b würde sonst jede Benutzung ausschließen.

§ 69 d Abs. 1 ist auf jeden rechtmäßigen Nutzer anzuwenden, während Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie vom "rechtmäßigen Erwerber" spricht. Diese Formulierung stammt aus Artikel 5 Abs. 1 des geänderten Kommissionsvorschlages. Da Artikel 5 Abs. 1 und 2 des geänderten Kommissionsvorschlages durch den Rat zu einem Absatz zusammengefaßt wurde, ist unter einem rechtmäßigen Erwerber nicht nur der Käufer zu verstehen, sondern auch der Lizenznehmer, von dem Absatz 2 des geänderten Kommissionsvorschlages handelte. Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie soll ebenso wie Absatz 3 auf jeden zur Verwendung einer Programmkopie Berechtigten Anwendung finden. Dieser Entwurf korrigiert daher die Redaktionsversehen der Richtlinie.

Der Rat hat im Gegensatz zu den Vorschlägen der Kommission nicht zwischen verkauften und lizenzierten - d. h. nur mit urheberrechtlicher Gestattung überlassenen - Programmen differenziert, weil auch im Zusammenhang mit einem Kauf vertragliche Vereinbarungen getroffen werden könnten, die die in Artikel 4 Buchstaben a und b erwähnten Handlungen näher regeln.

Die nationalen Vorschriften über den Abschluß von Verträgen werden durch die Richtlinie nicht berührt. Die Richtlinie regelt nicht die Frage, unter welchen Voraussetzungen es im Zusammenhang mit dem Kauf eines Programms zu vertraglichen Nebenabreden kommt (Problematik der sog. Schutzhüllenverträge oder Shrink-Wrap-Lizenzen).

§ 69 d Abs. 1 findet auf die Bibliotheksbenutzer Anwendung. Dies gilt auch, soweit nach den Pflichtexemplargesetzen des Bundes und der Länder für Computerprogramme eine Ablieferungspflicht besteht und die Programme so in den Bibliotheksbestand gelangt sind.

Die Erstellung einer Sicherungskopie gehört zur bestimmungsgemäßen Benutzung eines Computerprogramms (§ 69 d Abs. 1). Die Erstellung einer Sicherungskopie darf nicht vertraglich untersagt werden (§ 69 d Abs. 2 in Umsetzung von Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie), wenn sie für die Sicherung künftiger Benutzung erforderlich ist. Der letzte Halbsatz korrigiert eine sprachliche Ungenauigkeit von Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie. Eine Sicherungskopie ist zur Benutzung eines Programms nicht erforderlich, dies ermöglicht die Arbeitskopie. Die Sicherungskopie soll die Arbeitskopie ersetzen, wenn diese zerstört oder sonst nicht mehr benutzbar ist. Sachlich entspricht § 69 d Abs. 2 Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie.

Der letzte Halbsatz schließt zunächst die Erstellung von mehr als einer Sicherungskopie aus. Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie und somit auch § 69 d Abs. 2 sind offen für eine Auslegung, daß ein Recht auf Anfertigung einer Sicherungskopie nicht mehr besteht, wenn der Verkäufer eines Computerprogramms dem Käufer eine Sicherungskopie aushändigt (siehe in diesem Zusammenhang das Urteil der französischen Cour de Cassation vom 17. Oktober 1990, GRUR Int. 1991, 915).

Nicht geklärt hat die Richtlinie das Verhältnis zwischen dem Recht auf Sicherungskopie (Artikel 5 Abs. 1 und 2) und dem Schutz von Kopierschutzmechanismen (Artikel 7 Abs. 1 c).

Kopierschutzmechanismen verhindern sowohl die Anfertigung einer legalen Sicherungskopie als auch eines rechtswidrigen Vervielfältigungsstücks. Die Anfertigung einer Sicherungskopie kann die Ausschaltung eines Kopierschutzes erfordern, was wiederum Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe c unterbinden will.

Nach § 69 g Abs. 2 sind vertragliche Bestimmungen, die in Widerspruch zu § 69 d Abs. 2 und 3 und § 69 e stehen, nichtig. In dieser Bestimmung -entsprechendes gilt für Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie, der durch § 69 g Abs. 2 umgesetzt wird - ist § 69 d Abs. 1 nicht erwähnt. Bei der Auslegung von § 69 d Abs. 1 ist der 17. Erwägungsgrund der Richtlinie mit heranzuziehen. Daraus folgt, daß die in § 69 d Abs. 1 erwähnten Handlungen im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung des Programms nicht grundsätzlich untersagt werden können, aber die nähere Ausgestaltung der Umstände der Ausübung der Handlungen vertraglich geregelt werden kann. § 69 d Abs. 1 hat daher einen gewissen zwingenden Kein, dessen Ausmaß und Bedeutung festzulegen der Rechtsprechung überlassen werden kann.

§ 69 d Abs. 3 ist nicht nur auf einzelne Programmelemente, sondern auch auf vollständige Programme anzuwenden. Der letzte Halbsatz in § 69 d Abs. 3 - "zu denen er berechtigt ist" - soll sicherstellen, daß vertragliche Beschränkungen der Benutzung von Computerprogrammen auf eine bestimmte Anzahl von Geräten sowie an bestimmten Orten wirksam bleiben. Erlaubt z. B. ein Lizenzvertrag die Benutzung eines Computerprogramms nur auf einem bestimmten Terminal in den Räumen des Kunden, so darf das Programm nicht an anderer Stelle unter Berufung auf § 69 Abs. 3 getestet werden. Dadurch sollte der Gefahr einer rechtswidrigen, dauerhaften Vervielfältigung eines Lizenzprogramms vorgebeugt werden.

Zu § 69 e

§ 69 e entspricht weitgehend wörtlich Artikel 6 der Richtlinie.

In Absatz 3 am Ende wurde der Text der amtlichen deutschen Übersetzung von Artikel 9 Abs. 2 RBÜ verwandt und nicht der Wortlaut von Artikel 6 Abs. 3 der Richtlinie, bei dem es sich um eine Übersetzung des englischen Textes der in Artikel 9 Abs. 2 RBÜ verwendeten Begriffe handelt.

§ 69 e soll den Zugang zu Schnittstellen und die Möglichkeit der Herstellung der Interoperabilität der verschiedenen Elemente eines Computersystems sicherstellen (10.-15., 19.-23. Erwägungsgrund).

Die Richtlinie schützt zwar nicht die einem Computerprogramm zugrundeliegenden Ideen (Artikel 1 Abs. 2, 13. und 14. Erwägungsgrund). Artikel 4 verleiht jedoch dem Rechtsinhaber - im Urheberrecht im Grunde genommen systemwidrig - die Befugnis, den Zugang zu den ungeschützten Ideen zu versperren, und ermöglicht so im Endeffekt einen mittelbaren Schutz des Inhaltes von Computerprogrammen, einen Know-how-Schutz.

Im Zuge der Beratungen der Richtlinie im Rat ist geltend gemacht worden, daß der Richtlinienvorschlag der Kommission dadurch die rechtlichen Rahmenbedingungen auf dem Softwaremarkt verändere und die Möglichkeit, kompatible Computerprogramme zu entwickeln, gefährde, weil dies die Kenntis zumindest eines Teils des Inhalts anderer Computerprogramme, der sog. Schnittstellen, voraussetze. Dies wiederum könne zu erheblichen Störungen des Wettbewerbs auf dem Computermarkt führen, die Entwicklung von Monopolen oder Oligopolen fördern und so im Endeffekt auch den technischen Fortschritt behindern. Gerade kleinere Softwarehäuser seien besonders innovativ. Diese kleinen Softwarehäuser könnten in Abhängigkeit von größeren Industriefirmen geraten, insbesondere solchen, bei denen die Urheberrechte an den sogenannten Betriebsprogrammen liegen würden. Es dürfe nicht diesen Herstellern vorbehalten bleiben zu entscheiden, wer mit ihren Produkten kompatible Computerprogramme entwickeln dürfe. Demgegenüber haben andere Industriekreise die Besorgnis geäußert, Kenntnis vom Quellcode eines Computerprogramms könne dazu mißbraucht werden, unter Einsparung erheblicher Entwicklungszeit und -kosten ein Konkurrenzprodukt zu entwickeln. Wegen dieses unlauteren Wettbewerbsvorteils könne ein solches Ersatzprogramm das Ursprungsprogramm unter Umständen sogar vom Markt verdrängen. Es sei daher unbedingt erforderlich, es zu ermöglichen, den Quellcode urheberrechtlich strikt vor Kenntnisnahme Dritter zu schützen.

Artikel 6 der Richtlinie soll diese einander widerstrebenden Interessen - Erhaltung des funktionierenden Wettbewerbs auf dem Computermarkt einerseits, Gewährung des erforderlichen hohen Schutzniveaus andererseits - zum Ausgleich bringen. ( Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat in dem XX. Bericht über die Wettbewerbspolitik (1991) aus ihrer Sicht dargelegt, wie die Richtlinie ein angemessenes Gleichgewicht dieser Interessen wahrt.)

Die komplizierte Formulierung des Artikels 6, der umstrittensten Bestimmung der Richtlinie, stellt einen höchst diffizilen Kompromiß dieser verschiedenen Interessenlagen dar. Artikel 6 wird daher nahezu wörtlich und vollständig übernommen, weil nur so dieser erzielte Kompromiß in seinem Gesamtcharakter gewahrt bleibt. Weitergehende Veränderungen des Wortlautes oder Streichung einzelner Elemente wie z. B. des Artikels 6 Abs. 3, in bezug auf den ein Umsetzungsbedarf aus rechtssystematischer Sicht in Zweifel gezogen werden könnte, würden möglicherweise Anlaß zu der unbegründeten Vermutung geben, daß bei der Umsetzung der Richtlinie der Gesamtcharakter des Kompromisses verändert werden soll.

Die Unterschiede der Fassungen des § 69 e einerseits und des Artikels 6 der Richtlinie andererseits sind nur sprachlicher Natur. Dies gilt insbesondere für § 69 e Abs. 3. Hier erscheint es ausreichend, den substantiellen Teil, nämlich den Inhalt des Artikels 9 Abs. 2 RBÜ, zu übernehmen.

Die abweichenden Formulierungen der Richtlinie im Vergleich zum geänderten Kommissionsvorschlag beinhalten keine sachlichen Änderungen; gestrichen wurde im Rat die Möglichkeit der Dekompilierung für Wartungszwecke. § 69 e ermöglicht die Dekompilierung, um die erforderlichen Informationen zur Herstellung der Interoperabilität eines unabhängig geschaffenen Computerprogramms mit anderen Programmen zu erhalten. Die Bestrebungen, die Vorschrift über das Dekompilieren ausdrücklich auf die Möglichkeit der Herstellung der Interoperabilität von Hardware zu erstrecken, haben sich weder im Europäischen Parlament noch im Rat durchgesetzt.

Der 22. Erwägungsgrund, nach dem es ein Ziel der Ausnahme über das Dekompilieren ist, die Verbindung älterer Elemente eines Computersystems, auch solcher verschiedener Hersteller, zu ermöglichen, so daß sie zusammenwirken können, hat politische Funktionen. Der Rat bekennt sich damit zunächst zum Ziel der Erhaltung des Wettbewerbs auch auf dem Hardwaresektor. Zur Hardware hat die Kommission in der Begründung ihres geänderten Vorschlages für eine Richtlinie des Rates über den Rechtsschutz von Computerprogrammen vom 18. Oktober 1990 (KOM[901 509 endg. - SYN 183 vom 18. Oktober 1990) Stellung genommen, ohne daß dies in den Artikeln der Richtlinie seinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden hat. Der Erwägungsgrund enthält weiterhin die Aussage, daß das Urheberrecht an Computerprogrammen die Entwicklung kompatibler Hardware nicht verhindern soll, daß es hingegen dem Rat nicht erforderlich erschien, zur Erreichung dieser Ziele die Möglichkeit des Dekompilierens ausdrücklich auch auf die Hardware zu erstrecken. (Anm.: Die Kommission wird dem Rat, dem Europäischen Parlament und dem Wirtschafts- und Sozialausschuß Ende 1996 einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie vorlegen. Die Diskussion über diesen Bericht ist, falls auf dem Hardwaresektor Wettbewerbsprobleme auftreten, der geeignete Zeitpunkt zur Überprüfung der Frage, ob diese Erwartung des Rates zutrifft.)

Das Dekompilieren eines fremden Programms kann im Einzelfall zum Nachweis einer behaupteten Urheberrechtsverletzung erforderlich sein. Artikel 6 der Richtlinie erwähnt diese Fallgestaltung nicht. Dieses Problem kann durch Anwendung des Prozeßrechts sachgerecht je nach Besonderheiten und Notwendigkeiten des jeweiligen Einzelfalles gelöst werden.

Ist streitig, ob die an einem Programm bestehenden Urheberrechte durch ein Konkurrenzprodukt verletzt wurden, so kann sich die nach allgemeinen Regeln beweispflichtige Partei auf das Gutachten eines zur Verschwiegenheit verpflichteten, unabhängigen Sachverständigen berufen, der die Quellcodes beider Programme miteinander vergleichen kann. Das Gericht kann dann dem Gegner aufgeben, entweder dem Sachverständigen den Quellende oder dessen zur Vornahme des Vergleichs erforderlichen Teile zur Verfügung zu stellen oder in die Dekompilierung des eigenen Programms einzuwilligen. Weigert sich dieser, dem nachzukommen, so können die Grundsätze der Beweisvereitelung Anwendung finden. Vergleichbare Sachverhalte hat die Rechtsprechung bereits entschieden. Vereitelt der Gegner des Beweisführers die Wahrheitsfindung durch ungerechtfertigte Ausnutzung des Bankgeheimnisses, so kann das Gericht hieraus in der Sache Schlüsse zu seinem Nachteil ziehen (BGH; NJW 1967, 2012, Urteil vom 20. Juni 1967 - VI ZR 201765). Auch die Versagung der Befreiung eines Steuerberaters von der Verschwiegenheitspflicht kann als Beweisvereitelung anzusehen sein (BGH MDR 1984, 48, Urteil vom 20, April 1983 - VIII ZR 46/82). In beiden Fällen hat die Rechtsprechung die Beurteilung der Frage, ob Prozeßverhalten zu nachteiligen Schlüssen bei der Beweiswürdigung führen kann, von der Stichhaltigkeit der Weigerungsgründe des Beweisführers abhängig gemacht. Die Anwendung dieser Grundsätze erscheint auch hier sachgerecht.

Der Rechtsprechung kann auch die Beurteilung der Frage überlassen bleiben, welche Anforderungen an die Plausibilität des Vorliegens einer Urheberrechtsverletzung zu stellen sind, so daß die Weigerung, den Quellcode des eigenen Programms zu einem Vergleich zur Verfügung zu stellen, Prozeßnachteile nach sich ziehen kann. Im allgemeinen wird eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung darzutun sein, wobei die Beweisanzeichen hierfür unterschiedlichster Natur sein können und vom jeweiligen Einzelfall abhängig sind.

Zu § 69 f

Durch Absatz 1 wird Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie umgesetzt. Der Besitzer oder Eigentümer eines rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücks eines Computerprogramms kann dieses wegen § 69 c Nr. 1 nicht weiter benutzen, weil dieses eine unzulässige weitere Vervielfältigung voraussetzen würde. Ein rechtswidrig hergestelltes Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms kann daher nur Grundlage rechtswidriger weiterer Benutzung oder untersagter Vervielfältigung oder Verbreitung sein. Absatz 1 stellt sicher, daß der Berechtigte alle rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke aus dem Verkehr ziehen kann, um weitere Beeinträchtigungen seines Rechts zu verhindern und dem Mißbrauch rechtswidriger Vervielfältigungsstücke vorzubeugen. Im Unterschied zu § 98 Abs. 2 UrhG, der auf den Besitz oder das Eigentum des Verletzers abstellt, richtet sich der Anspruch nach § 69 f schon gegen jeden Besitzer, obwohl Besitz als solcher noch keine Urheberrechtsverletzung darstellt. Der Besitzer einer Programmkopie kann im Streitfall nach § 76 ZPO verfahren. Wie dem Interesse des Berechtigten, rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke aus dem Verkehr ziehen zu können, im Einzelfall Genüge getan wird, richtet sich nach der Art der Verkörperung des rechtswidrigen Vervielfältigungsstücks (Absatz 1 Satz 2). Ist ein Programm z. B. rechtswidrig im Arbeitsspeicher eines Computersystems gespeichert, so wird der Berechtigte in der Regel nur Löschung der Speicherung verlangen können (§ 98 Abs. 3).

Durch Absatz 2 wird Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie umgesetzt. Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes wird dem Berechtigten gegen jeden Besitzer das Recht eingeräumt, die Vernichtung der erwähnten Mittel verlangen zu können. Absatz 2 erfaßt über Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie hinaus nicht nur den Erwerbszwecken dienenden Besitz. Auch dieser Anspruch richtet sich gegen jeden Besitzer, obwohl auch hier der Besitz allein nicht als Urheberrechtsverletzung anzusehen ist.

Absatz 2 steht in Einklang mit der Zielsetzung der Änderungen des Urheberrechtsgesetzes durch das Produktpirateriegesetz: Die vorgenommenen Änderungen des § 99 UrhG durch das Produktpirateriegesetz sollten auch verdeutlichen, daß alle denkbaren Vorrichtungen der Einziehung unterliegen, sofern sie ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur rechtswidrigen Herstellung von Vervielfältigungsstücken gebraucht werden oder dazu bestimmt sind. Damit sollten nicht nur Druckvorlagen erfaßt werden, sondern gegebenenfalls auch Kopiermaschinen und ähnliche Gerätschaften (BT-Drucksache 11/4792 S.42). Die in Absatz 2 erwähnten Mittel stehen diesen ähnlichen Gerätschaften gleich, da ihr Ziel letzten Endes ist, rechtswidrige Vervielfältigungen zu ermöglichen.

Als Mittel, die allein dazu bestimmt sind, die unerlaubte Beseitigung und Umgehung technischer Programmschutzmechanismen zu erleichtern, sind insbesondere sogenannte Kopierprogramme zu nennen, die es ermöglichen, den Kopierschutz eines Herstellers zu umgehen. Jedes Betriebssystem enthält Routinen, die die Vervielfältigung von Computerprogrammen ermöglichen, ohne daß Betriebssysteme deswegen als Kopierprogramme anzusehen sind. Manche Computerprogramme sind mit einem Kopierschutz versehen, der die Anwendung dieser Routinen ausschaltet. Computerprogramme, die solche Kopierschutzmechanismen umgehen und so letzten Endes die Anwendung von Vervielfältigungsroutinen von Betriebsroutinen wieder ermöglichen, können als Kopierprogramme bezeichnet werden. Ist ein solches Kopierprogramm geeignet, den Kopierschutz verschiedener Hersteller zu umgehen, so steht der Anspruch in Absatz 2 nach allgemeinen Regeln jedem Hersteller zu, der ein Programm mit dem entsprechenden Kopierschutz auf dem Markt hat.

§ 69 f läßt sämtliche Rechtsfolgen und auch strafrechtliche Sanktionen unberührt, die sich aus der Verweisung in § 69 a Abs. 4 auf die Bestimmungen der §§ 96 bis 111 UrhG ergeben.

Artikel 7 der Richtlinie trägt die Handschrift britischer Urheberrechtstradition, die besonders in der ursprünglichen Überschrift dieses Artikels "secondary infringernent" in Anlehnung an Kapitel II des britischen Urheberrechtsgesetzes zum Ausdruck kommt. Dem UrhG liegt eine völlig andere Gesetzessystematik zugrunde, in deren Rahmen es der ausdrücklichen Erwähnung des Besitzes grundsätzlich nicht bedarf.

Der Besitz eines Vervielfältigungsstücks zu kommerziellen Zwecken, wenn der Betreffende weiß oder Grund zu der Annahme hat, daß es sich um eine rechtswidrige Kopie handelt, führt zumindest zu einer der Rechtsfolgen des § 97 Abs. 1 UrhG (Beseitigungs-, Unterlassungs- oder vorbeugender Unterlassungsanspruch und je nach Sachlage Schadenersatz). Entsprechendes gilt für die Verbreitung der in Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe c erwähnten Mittel. Diese kann auch Beseitigungs- oder Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüche wegen Beteiligung an der Urheberrechtsverletzung eines Dritten nach sich ziehen.

Zu § 69 g

Zu Absatz 1

Absatz 1 übernimmt sachlich Artikel 9 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Ob im Rahmen der aufgezählten oder sonstiger Rechtsinstitute Schutz für Computerprogramme besteht, ist den in den jeweiligen Rechtsgebieten bestehenden Regeln zu entnehmen.

Zu Absatz 2

Absatz 2 entspricht Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie, der lediglich an den Sprachgebrauch des deutschen Zivilrechts angepaßt wurde.

Zu Nummer 4 (§ 137 d)

Die Bestimmungen des Achten Abschnitts des Ersten Teils sind auf alle Computerprogramme unabhängig davon, wann sie geschaffen wurden, anzuwenden. Satz 1 spricht diese Konsequenz zur Klarstellung ausdrücklich aus und trägt damit einem Anliegen der Praxis Rechnung.

Aus demselben Grund stellt Satz 2 klar, daß die Regeln über zwingendes Vertragsrecht in § 69 g Abs. 2 auch auf bereits in der Vergangenheit abgeschlossene Verträge anzuwenden sind.

Die Anwendung dieser Bestimmung auf zurückliegende Vertragsabschlüsse ist möglich, weil die Rechtslage insoweit bisher noch nicht geklärt ist und sich ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage nicht entwickeln konnte.

Die Erstreckung der Anwendbarkeit des § 69 g Abs. 2 auf Altverträge ist auch sachlich gerechtfertigt. Betriebssysteme und bestimmte Anwendungsprogramme haben eine lange Nutzungszeit. Die Bestimmung des § 69 e könnte daher insoweit in wichtigen Bereichen leerlaufen, wenn vertraglich seine Anwendung untersagt werden könnte. Dies gilt auch deswegen, weil bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfs die Möglichkeit zu einer entsprechenden Änderung von Altverträgen bestünde. Auch in dem wichtigen Bereich des Dekompilierens sollte daher ab Inkrafttreten dieses Gesetzes ein einheitlicher Rechtszustand geschaffen werden, ebenso, wie ab diesem Zeitpunkt für Computerprogramme ein einheitliches Arbeitnehmerurheberrecht besteht. Da Maßnahmen nach § 69 e nur zulässig sind, wenn die Anwendbarkeit des § 69 d Abs. 3 nicht ausreicht, muß auch letztere Bestimmung uneingeschränkt zwingenden Charakter haben. Lediglich Altverträge betreffend Sicherungskopien von der rückwirkenden Anwendung des § 69 g Abs. 2 auszunehmen, erscheint sachlich nicht gerechtfertigt. Auch hier soll der Grundsatz Vorrang genießen, ein einheitliches Rechtssystem zum Schutz von Computerprogrammen zu schaffen.

Zu Artikel 2

Das Gesetz kann ohne Übergangsbestimmungen und ohne Vorbereitungszeit in Kraft treten.

Das Vermieten von Computerprogrammen wird hinfort zwar generell unterbunden, weil sich das Verbreitungsrecht in Abweichung von der Regelung des § 17 Abs. 2 UrhG insoweit nicht erschöpft (§ 69 c Nr. 3). In diesem Bereich hat sich jedoch, anders als bei Videofilmen und Tonträgern, bisher keine nennenswerte Vermietpraxis entwickelt.

Im übrigen dienen die neuen Vorschriften der Klarstellung und Präzisierung der Rechtslage, so daß ihre übergangslose Anwendung nicht in erworbene Rechte (Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie) eingreift. Nach dem geltenden Recht sind zwar Computerprogramme urheberrechtlich geschützt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Es ist bisher jedoch noch nicht geklärt, wie sich die Anwendung der generellen Bestimmungen des UrhG in der bisherigen Fassung auf die neue Werkart Computerprogramme im Detail auswirkt. Dies gilt insbesondere für die Regelungsinhalte des § 69 c Nr. 1 und 2 und der §§ 69 d und 69 e. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage konnte sich daher nicht entwickeln.

Die Erwartung, daß aufgrund der umstrittenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Schöpfungshöhe ein großer Teil der Computerprogramme urheberrechtsfrei bzw. der Nachweis des Vorliegens von Werkqualität kaum möglich sei, ist nicht geschützt.

Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie bedurfte auch keiner Umsetzung durch Übergangsbestimmungen, soweit er die Anwendung auf vor dem 1. Januar 1993 getroffene Vereinbarungen ausschließt. Diese Bestimmung sollte insoweit die Verpflichtung zu einer rückwirkenden Anwendung der Grundsätze des Artikels 2 Abs. 3 und 4 des ursprünglichen Kommissionsvorschlages ausschließen. Artikel 2 Abs. 3 wurde im Zuge der Beratungen gestrichen. Die rückwirkende Anwendung des Artikels 2 Abs. 4 dieses Vorschlages - Artikel 2 Abs. 3 in der verabschiedeten Fassung - über Arbeitsverhältnisse (§ 69 b) ist möglich, weil auch in seinem Rahmen abweichende vertragliche Regelungen vorgehen. Die Anwendung des § 43 UrhG auf Computerprogramme führt im übrigen zu Ergebnissen, die wirtschaftlich mit den Grundprinzipien des § 69 b übereinstimmen. Es ist daher nicht erforderlich, für Computerprogramme unterschiedliches Arbeitnehmerurheberrecht vorzusehen, je nachdem, wann das Programm geschaffen wurde.

Hinweise auf Materialien zur Entstehung der Richtlinie

Richtlinie des Rates vom 14. Mai 1991 (ABl. EG C 122/42 vom 17. Mai 1991)

Geänderter Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates vom 18. Oktober 1990 (ABl. EG C 320/22 vom 20. Dezember 1990)

Dessen Begründung (S. 1-14 KOM [901509 endg. - SYN 183)

Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates vom 5. Januar 1989 (ABl. EG C 91/4 vom 12. April 1989)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament gemäß Artikel 149 Abs. 2 Buchstabe b EWG-Vertrag (SEK [911 87 endg. - SYN 183 vom 18. Januar 1991)

Bericht im Namen des Ausschusses für Recht und Bürgerrecht des Europäischen Parlaments Teil A (Entwurf einer legislativen Entschließung und Stellungnahmen) und Teil B (Begründung) (Sitzungsdokument des Europäischen Parlaments A3-173/907 Teil A+B SYN 183 [PE 136.025(endg./Teil A+B] vom 29. Juni 1990 bzw. 4. Juli 1990)

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Juli 1990 (ABl. EG C 231/78 vom 17. September 1990)

Empfehlung des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte des Europäischen Parlaments betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates (Sitzungsdokument A3-0083/91 [PE 146.106/endg.] vom 4. April 1991)

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. April 1991 (Billigung des gemeinsamen Standpunktes des Rates; die Änderungsanträge fanden in der Sitzung des Parlaments vom 17. April 1991 keine Mehrheit) (ABl. EG C Nr. 129/93 vom 20. Mai 1991)

s. Anlage 2, Stellungnahme des Bundesrates

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