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Bericht der Abgeordneten Saurin und Stiegler

I.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts - Drucksache 10/837 - wurde vom Deutschen Bundestag in seiner 50. Sitzung vom 26. Januar 1984 in erster Lesung beraten, an den Rechtsausschuß zur Federführung, an den Ausschuß für Wirtschaft und an den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft zur Mitberatung sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages überwiesen.

Der Haushaltsausschuß berichtet dem Deutschen Bundestag unmittelbar über die finanziellen Auswirkungen des Entwurfs.

Der Ausschuß für Wirtschaft hat unter dem 13. März 1985 die folgende Stellungnahme abgegeben:

Der Ausschuß für Wirtschaft bittet den Rechtsausschuß einstimmig um folgende Prüfungen:

1. Um eine bessere Verteilungsgerechtigkeit bei der Urhebervergütung zu erreichen, sollte die Geräteabgabe zugunsten der Leerkassettenabgabe angehoben werden (Anlage zu § 54 Abs. 3 Urheberrechtsgesetz).

2. Bei der reprographischen Vervielfältigung sollte die im Regierungsentwurf ausschließlich vorgesehene Betreibervergütung durch eine Kombination von Gerätevergütung und Betreibervergütung für Großbetreiber ersetzt werden.

3. Der Schutz von Computerprogrammen sollte ausdrücklich (expressis verbis) im Urheberrecht aufgeführt werden.

4. Bei gewerbsmäßigen Urheberrechtsverletzungen sollten die Strafdrohungen empfindlich angehoben werden.

5. Bei der Videopiraterie sollte der bisherige Straftatbestand in ein Offizialdelikt umgewandelt werden. Darüber hinaus hat der Ausschuß für Wirtschaft einstimmig beschlossen, den Rechtsausschuß zu bitten, die Bundesregierung aufzufordern, fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes über dessen Auswirkungen Bericht zu erstatten. Dieser Bericht sollte auch die Grundlage für eine Überprüfung der Vergütungssätze sein. Der Ausschuß für Wirtschaft bittet darüber hinaus den Rechtsausschuß, eine Prüfung zu erwägen, ob der Urheberrechtsschutz auch bei privaten Rundfunkanbietern international voll gewährleistet ist.

Der Ausschuß für Bildung und Wissenschaft hat unter dem 17. April 1985 die folgende Stellungnahme abgegeben:

1. Der Ausschuß für Bildung und Wissenschaft empfiehlt einstimmig, den Gesetzentwurf in der Fassung der Änderungsvorschläge vom 14. März 1985 anzunehmen. Dabei geht der Ausschuß davon aus, daß in § 53 Abs. 4 (neu) (Formulierungshilfe 8) der Buchstabe b gestrichen wird.

2. Der Ausschuß empfiehlt ferner zu § 52 Abs. 1 (Formulierungshilfe 4), in den Katalog der von der Vergütungspflicht befreiten Veranstaltungen auch Veranstaltungen nichtgewerblicher Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung aufzunehmen.

3. Der Ausschuß für Bildung und Wissenschaft ist vor allem an der Praktikabilität und Rechtssicherheit in der Handhabung des Urheberrechtsschutzes in Unterricht und Weiterbildung interessiert. Er bittet deshalb, im schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses eindeutig klarzustellen, daß eine Wiedergabe von Aufzeichnungen von urheberrechtlich geschützten Werken im Schulunterricht als nichtöffentlich anzusehen ist; dies erscheint notwendig, da bisher zum Beispiel von der GEMA der Standpunkt vertreten wird, daß eine solche Wiedergabe ohne besondere Genehmigung der Inhaber der Urheberrechte nicht erlaubt sei.

Der Rechtsausschuß hat den Entwurf in seiner 16. Sitzung am 22. Februar 1984, 43. Sitzung am 6. Februar 1985, 47. Sitzung am 27. März 1985, 48. Sitzung am 17. April 1985 und 50. Sitzung am 14. Mai 1985 beraten. Er empfiehlt einstimmig, den Gesetzentwurf in der Fassung der vorstehenden Zusammenfassung anzunehmen.

II.

Die Entwicklung der letzten Jahre auf dem Gebiet der Bild- und Tonaufzeichnung sowie auf dem Gebiet des Fotokopierens hat zu der Notwendigkeit geführt, das Urheberrechtsgesetz diesen Entwicklungen anzupassen, damit dem verfassungsmäßigen Gehalt des Urheberrechts wieder hinreichend Rechnung getragen wird. Die rechtstatsächliche Entwicklung und die von Verfassungs wegen daraus zu ziehenden Konsequenzen sind in der Begründung des Regierungsentwurfs zutreffend dargestellt; es kann daher insofern darauf verwiesen werden.

Der Rechtsausschuß stand nun vor der Aufgabe, einen Ausgleich zu finden zwischen den widerstreitenden Interessen auf der einen Seite der Urheber und auf der anderen Seite der Urheberrechtsnutzer und der diese Nutzungen ermöglichenden Industrie.

Angesichts des Umfangs und der Bedeutung der von dem Gesetzentwurf betroffenen wirtschaftlichen Interessen war der Gesetzgebungsprozeß von großem Engagement der betroffenen und beteiligten Kreise begleitet. Es gelang jedoch schließlich, in einem sorgsamen Prozeß unter Kontakt mit allen Betroffenen eine Lösung zu finden, die nach Überzeugung des Rechtsausschusses und der überwiegenden Zahl der bisher erkennbaren Reaktionen von allen Seiten akzeptiert werden kann.

Der Rechtausschuß geht daher davon aus, daß seine Empfehlung einen Kompromiß darstellt, der das von der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes geschützte Urheberrecht in Einklang bringt mit den Bedürfnissen der Urheberrechtsnutzer. Zur Erreichung dieses Zieles wurden ausgehend von der Basis des Regierungsentwurfs - dessen Grundzüge hier nicht noch einmal zu erläutern sind - Änderungsvorschläge erarbeitet, die nun dem Deutschen Bundestag zur Annahme empfohlen werden.

Bei zukünftigen technischen Entwicklungen ist zu prüfen, ob der Schutz des geistigen Eigentums angesichts der neuen Techniken noch durch das Urheberrecht gewährleistet ist oder ob neue Regelungen erforderlich sind.

Zu den Änderungen im einzelnen:

1. Vor Artikel 1 Nr. 1 - § 2 Abs. 1 Nr. 1

Die ausdrückliche Aufnahme von Programmen der Datenverarbeitung in den Katalog der geschützten Werke des § 2 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) hat nur klarstellende Bedeutung und entspricht der inzwischen gefestigten Rechtsprechung. Da solchen Programmen eine zunehmende Bedeutung zukommt, sollten sie eine ausdrückliche Erwähnung im Gesetzestext finden. Auch hier greift der Schutz nur dann ein, wenn die in § 2 Abs. 2 UrhG verlangte schöpferische Leistung vorliegt. Gegenstand des Schutzes ist im übrigen nicht die mathematische oder technische Idee, sondern ihre Verkörperung in dem aufgezeichneten Programm.

2. Vor Artikel 1 Nr. 1 - § 3 Abs. 2

Anlaß für die Ergänzung des § 3 UrhG um einen zweiten Satz waren die Probleme, die im Bereich der Volksmusik aufgetreten waren, und zwar nicht bei der volkstümlichen Unterhaltungsmusik, sondern bei der echten Volksmusik, deren melodische, harmonische und rhythmische Grundmuster im Volksmusikschatz als Allgemeingut vorhanden sind. Veränderungen solcher gemeinfreier Volksstücke, stellen keine schutzfähige Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG dar, wenn es bei dem überlieferten, melodischen, harmonischen und rhythmischen Grundmuster der Volksmusik verbleibt. Bei Veranstaltungen mit ausschließlich volksmusikalischem Programm kann es daher auch eine Vermutung für die Wahrnehmungsbefugnis einer Verwertungsgesellschaft nicht geben.

Bearbeitungen von Werken der Volksmusik können nur dann als persönliche geistige Schöpfungen und damit als urheberrechtlich geschützte Werke angesehen werden, wenn sie über den genannten Rahmen hinausgehen.

3. Vor Artikel 1 Nr. 1 - § 47 Abs. 1 Satz 2

Die Umformulierung von "Erziehungsheime der Jugendfürsorge" in "Heime der Jugendhilfe" entspricht der Stellungnahme des Bundesrates, der die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zugestimmt hatte (Drucksache 10/837, S. 27 und 36).

Da Schulen aus technischen und organisatorischen Gründen zur Aufnahme von Schulfunksendungen in der Regel auf die Unterstützung der staatlichen Landesbildstellen angewiesen sind, weil nur wenige Schulen über die besonderen Anlagen verfügen, mit denen für Unterrichtszwecke geeignete Aufzeichnungen hergestellt werden können, ist es sachlich gerechtfertigt und geboten, auch Landesbildstellen zu gestatten, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken, die innerhalb einer Schulfunksendung gesendet werden, aufzunehmen. Aufgrund der Löschungsbestimmungen, die auch für die Landesbildstellen gelten, ist sichergestellt, daß hierdurch keine zusätzliche Einschränkung des Urheberrechts entsteht.

4. Zu Artikel 1 Nr. 3 - § 52 Abs. 1

Die Frage des Umfangs der vergütungsfreien öffentlichen Wiedergabe war einer der zentralen Punkte in den Ausschußberatungen. Die jetzt vom federführenden Ausschuß vorgeschlagene Fassung greift einzelne Vorschläge des Bundesrates auf (Drucksache 10/837, S. 27), der die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung teilweise zugestimmt hatte (Drucksache 10/837, S. 37).

Bezüglich § 52 Abs. 1 Satz 2 bestand allgemeine Einigkeit, daß das lediglich dem eigenen Werkgenuß dienende Singen und Musizieren von Jugend- oder Wandergruppen oder von einzelnen Personen nicht vergütungspflichtig ist, weil es an einer dem Verwertungsrecht des Urhebers unterliegenden Nutzung des Werkes, nämlich an einer öffentlichen Wiedergabe - hier: Aufführung -, fehlt.

Im Rahmen der Beratungen zu § 52 Abs. 1 Satz 3 war auch geprüft worden, ob noch weitere öffentliche Wiedergaben von der Vergütungspflicht freigestellt werden sollten und könnten.

Es bestand jedoch schließlich Einigkeit im Rechtsausschuß, daß nach der gefestigten Verfassungsrechtsprechung zum Schutzbereich der Eigentumsgarantie für Urheberrechte der Kreis der vergütungsfreien Veranstaltungen nicht noch weiter gezogen werden kann und daß man mit der jetzt vorgeschlagenen Formulierung wohl die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat.

So konnte denn weder der Empfehlung des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft gefolgt werden, in den Katalog der von der Vergütungspflicht befreiten Veranstaltungen auch Veranstaltungen nichtgewerblicher Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung aufzunehmen, noch dem Wunsch des Bundesrates, auch Hochschulveranstaltungen, insbesondere Prüfungskonzerte in Musikhochschulen hier aufzuführen, noch Veranstaltungen der Bundeswehr. Wäre man diesen Vorschlägen gefolgt, so hätte das Risiko bestanden, daß solche Urheberrechtseingriffe als von der Sozialbindung des Eigentums nicht mehr gedeckt angesehen würden.

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß eine Wiedergabe von Aufzeichnungen von urheberrechtlich geschützten Werken im Schulunterricht keine öffentliche Wiedergabe ist.

Im übrigen ist der Begriff des "bestimmt abgegrenzten Personenkreises" für die verschiedenen Einrichtungen unterschiedlich, und zwar jeweils im Lichte des Zwecks dieser Einrichtungen zu interpretieren. In Altenheimen und ähnlichen Heimen, aber auch in Vollzugsanstalten, sind die jeweiligen Bewohner und Insassen sowie etwaige einzelne Besucher gemeint, nicht aber größere Besuchergruppen. Für den Bereich der Jugendhilfe und der Sozialhilfe ergibt sich die Abgrenzung des Personenkreises aus den vom Gesetz gedachten Adressaten dieser Sozialeinrichtungen.

Schließlich ist zur Erläuterung klarzustellen, daß die durch den neuen Absatz 1 Satz 3 von der Vergütungspflicht freigestellten Werkwiedergaben keinem Erwerbszweck der Veranstalter im Sinne des Satzes 1 dienen. Andernfalls wäre die Wiedergabe erlaubnispflichtig, und damit würde die Vorschrift über die Vergütungsfreiheit leerlaufen. Für den in Rede stehenden Bereich ist daher der Begriff "Erwerbszweck" nicht mehr im Sinne der bisherigen Rechtsprechung zu verstehen.

5. Zu Artikel 1 Nr. 4 - § 53 Abs. 2

In Nummer 4 a wurde das Wort "Aufsätze" durch das Wort "Beiträge" ersetzt, da sich die Berechtigung zur Vervielfältigung ohne Zustimmung des Urhebers nicht nur auf einzelne Aufsätze erstrecken soll, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen sind, sondern auch auf Beiträge, wie etwa Gedichte oder Lichtbildwerke oder Lichtbilder.

6. Noch zu Artikel 1 Nr. 4 - § 53 Abs. 3

Die hier angesprochene Regelung betrifft allein die Kopierfreiheit, also die Frage, in welchen Fällen Kopien ohne vorherige Genehmigung des Urhebers angefertigt werden dürfen.

Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung (Drucksache 10/837, S. 37) der Stellungnahme des Bundesrates (Drucksache 10/837, S, 28) insofern zugestimmt, als es sich um Prüfungen oder Einrichtungen der Aus-, Weiter- oder Berufsbildung handelt, wobei jeweils in der Auflage die für eine Schulklasse, einschließlich Parallelklassen erforderliche Anzahl einzuhalten ist. Erfaßt ist davon der Gesamtbereich der Berufsbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes, also auch die betriebliche Unterrichtung von Auszubildenden in Betrieben und überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Kopierfreiheit für Unterrichtszwecke in Hochschulen kann dagegen nicht gewährt werden, weil damit einem nicht mehr überschaubaren Personenkreis das Kopieren ohne vorherige Genehmigung gestattet würde und so die Rechte der Urheber zu stark zurückgedrängt würden. Das Verbotsrecht des Urhebers erfüllt eine wichtige Funktion bei der Durchsetzung seiner verfassungsmäßig garantierten Rechte. Eine Einschränkung des Verbotsrechts muß daher den Fällen vorbehalten bleiben, in denen eine Verwertung auch ohne vorherige Zustimmung des Berechtigten unbedingt notwendig ist.

7. Noch zu Artikel 1 Nr. 4 - § 53 Abs. 4 (entspricht § 53 Abs. 6 Regierungsentwurf)

Die Änderungen im Text sind redaktioneller Art.

Der Ausschuß schließt sich der Auffassung der Bundesregierung an (Gegenäußerung Drucksache 10/837, S. 39), daß angesichts der besonderen Kosten des Drucks von Musikwerken und des hier besonders aufgetretenen Mißstandes, daß für Chöre und Orchester das Notenmaterial nahezu vollständig kopiert wird, die Einwilligung des Berechtigten stets vorher eingeholt werden muß. Diese Entscheidung wurde erleichtert durch die Ankündigung der Musikverleger, durch vertragliche Vereinbarungen, preiswerte Kopien für den hier angesprochenen Bedarf zu ermöglichen.

Das Kopierverbot bezieht sich nur auf geschützte Werke, hierauf ist insbesondere im Hinblick auf die graphische Darstellung gemeinfreier Werke der Musik hinzuweisen.

Entsprechendes gilt für den besonderen Schutz von Datenverarbeitungsprogrammen. Auch hier zeichnet sich schon eine starke Tendenz zum unerlaubten Vervielfältigen ab, hervorgerufen durch die Einfachheit und Preisgünstigkeit des technischen Vorgangs, womit erhebliche Entwicklungskosten vermieden werden können. Der bereits zu beobachtenden Bildung eines entsprechenden Marktes soll durch das generelle Einwilligungserfordernis begegnet werden.

8. Noch zu Artikel 1 Nr. 4 - § 53 Abs. 5 Satz 2 (entspricht § 53 Abs. 4 Regierungsentwurf)

Der Ausschuß schließt sich dem übereinstimmenden Ergänzungsvorschlag von Bundesrat und Bundesregierung an (Drucksache 10/837, S. 30, 39), womit gesetzlich klargestellt ist, daß die Herstellung einer Ersatzkopie für entfernte einzelne Seiten in Büchern durch Bibliotheken ebenso zulässig ist, wie die nach Einfügung dieser Ersatzkopie erfolgende Ausleihe dieses Buches.

9. Noch zu Artikel 1 Nr. 4 - § 54 Abs. 1 bis 5

Statt der in § 54 Abs. 2 des Regierungsentwurfs vorgesehenen Betreiberabgabe empfiehlt der Ausschuß die Einführung einer kombinierten Geräte-/ Großbetreibervergütung. Danach sollen die Hersteller oder Importeure für jedes Fotokopiergerät, das sie im Geltungbereich dieses Gesetzes veräußern oder in Verkehr bringen, eine urheberrechtliche Vergütung zahlen. Damit soll die urheberrechtliche Vergütung für Fotokopien urheberrechtlich geschützter Werke, die von Privatpersonen, Vereinen, Behörden, freien Berufen und Gewerbetreibenden angefertigt werden, pauschaliert abgegolten sein.

Zusätzlich sollen sogenannte Großbetreiber für jede von ihnen gefertigte Fotokopie urheberrechtlich geschützter Werke eine angemessene Vergütung zahlen. Unter den Begriff der Großbetreiber fallen Bildungseinrichtungen, Forschungseinrichtungen, Bibliotheken und Kopierläden.

Der Rechtsausschuß ist nach intensiven Beratungen mit gewissen Bedenken dem Anliegen des Bundesrates gefolgt, Behörden hierbei nicht zu erfassen. Er ließ sich dabei von der Erwägung leiten, daß in diesem Bereich, ebenso wie im Privatbereich, im Bereich der freien Berufe und im gewerblichen Bereich nur in geringerem Umfang geschütztes Material abgelichtet wird. Es ist daher wohl nicht gerechtfertigt, sämtliche Behörden schlechter zu behandeln als Gewerbebetriebe oder freiberuflich Tätige. Die urheberrechtsrelevante Kopiertätigkeit wird auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für diesen Bereich durch die Geräteabgabe hinreichend erfaßt.

Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab des § 54 Abs. 2 Satz 3 (§ 54 Abs. 2 Satz 2 des Regierungsentwurfs) bezieht sich ausdrücklich nur auf die Höhe der Vergütung, setzt also voraus, daß ein Anspruch dem Grunde nach besteht.

Gegenüber dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bezüglich Art und Umfang der urheberrechtsrelevanten Nutzung des Vervielfältigungsgeräts ist also weiterhin der Gegenbeweis über die konkrete Anzahl der hergestellten vergütungspflichtigen Kopien zulässig.

Schließlich wurde in § 54 Abs. 4 (§ 54 Abs. 3 des Regierungsentwurfs) der zweite Satz und damit die Ermächtigung für den Bundesminister der Justiz gestrichen, durch Rechtsverordnung die in der Anlage getroffene Regelung über die Höhe der Vergütung zu ändern. Im Ausschuß bestand Einigkeit, daß angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Vergütungen eine Änderung nur durch ein Gesetz möglich sein soll. Zur Erleichterung der späteren Entscheidungsfindung insofern wurde in die Beschlußempfehlung die eingangs dargestellte Berichtsbitte aufgenommen.

Da der Rechtsausschuß eine Gerätevergütung auch für Fotokopiergeräte beschlossen hat, müssen die Urheber in die Lage versetzt werden, Auskunft von den Herstellern und Importeuren über die im Geltungsbereich des Urbeherrechtsgesetzes veräußerten oder in Verkehr gebrachten Geräte zu erlangen. Der insoweit bislang nur für Bild- oder Tonträger und Bild- oder Tonaufnahmegeräte vorgesehene Auskunftsanspruch wurde daher um einen Auskunftsanspruch gegen die Hersteller und Importeure von Fotokopiergeräten ergänzt, §54 Abs. 5 Satz 1 (§ 54 Abs. 4 Satz 1 des Regierungsentwurfs).

Zu § 54 Abs. 5 Satz 2 (§ 54 Abs. 4 Satz 2 des Regierungsentwurfs) nimmt der Rechtsausschuß einen Vorschlag des Bundesrates auf [Drucksache 10/837, S. 28; 8. e)], dem die Bundesregierung zugestimmt hatte (Drucksache 10/837, S, 39).

Ursprüngliche Bedenken gegen die Praktikabilität der Vorschrift wurden gegenstandslos, da die Betreibervergütung nunmehr auf Schwerpunktbereiche beschränkt ist.

10. Zu Artikel 1 Nr. 6 - § 72 Abs. 2 und 3

Der Änderungsvorschlag des Rechtsausschusses betrifft nur Lichtbilder, die Dokumente der Zeitgeschichte sind. Der Ausschuß empfiehlt diese im Verhältnis zu anderen Schutzfristen besonders lange Schutzfrist von 50 Jahren, weil der Wert dokumentarischer Lichtbilder oft gerade auf dem besonders großen Zeitabstand zwischen dokumentiertem Ereignis und Nutzung des Fotos erwächst.

11. Zu Artikel 1 Nr. 7 a bis d - §§ 108 a, 109, 110, 111

Strafrechtliche Regelungen enthielt der Regierungsentwurf nicht. Sie wurden erst vom Rechtsausschuß beschlossen und eingefügt. Damit wird nicht nur ein Signal gesetzt, sondern es wird konkreten Bedürfnissen der Praxis Rechnung getragen.

Angesichts des Anwachsens gerade der sogenannten Videopiraterie wäre eine Novellierung des Urheberrechts, die hier nicht für verbesserten Schutz sorgt, auf allgemeines Unverständnis gestoßen. Aber auch auf dem Sektor des Raubdrucks sieht sich der Gesetzgeber veranlaßt, mit verschärften strafrechtlichen Sanktionen einzugreifen.

Dabei ist eine allgemeine Kriminalisierung weder beabsichtigt noch von der vorgeschlagenen Fassung zu erwarten. Vielmehr bringt bereits der Wortlaut eindeutig zum Ausdruck, daß es hier um die Bekämpfung des gewerbsmäßig kriminellen Verhaltens geht. Hier sind ganz beachtliche technische Einrichtungen eingesetzt, und entsprechende Summen werden umgesetzt. Auf diesem Sektor droht sich die organisierte und Bandenkriminalität zu etablieren. Dem muß energisch begegnet werden.

So ist denn auch die erhöhte Strafe von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe nur für gewerbsmäßiges Handeln angedroht. Beim Grundtatbestand sind keine Änderungen vorgesehen.

Es ist den Bedenken von Regierungsseite zuzugeben, daß das übliche Stufenverhältnis mit dieser Regelung - Grundtatbestand mit einer maximalen Strafdrohung von einem Jahr, Qualifizierung mit maximal fünf Jahren Freiheitsstrafe - verlassen wurde. Bei einer Strafdrohung von maximal einem Jahr im Grundtatbestand sieht die Qualifizierung in der Regel maximal eine Freiheitsstrafe von drei Jahren vor. Aber gerade diese deutliche Unterscheidung ist gewollt. So konnte auch der als Alternative gedachte Vorschlag nicht akzeptiert werden, für den Grundtatbestand eine maximale Strafdrohung von zwei Jahren Freiheitsstrafe vorzusehen, um wieder die übliche Systematik einzuhalten. Damit wäre aber die gerade nicht gewünschte stärkere Kriminalisierung des einfachen unerlaubten Eingriffs verbunden gewesen.

Zwischen den beiden Delikttatbeständen, auf der einen Seite die private und erlaubte Vervielfältigung, auf der anderen Seite das gewerbsmäßige Handeln, ist eben typischerweise ein so erheblicher Unterschied, daß dieser auch in den Strafdrohungen in der vorgeschlagenen Weise zum Ausdruck kommen soll. Bei allem Verständnis für die Bemühungen, die übliche Systematik stets zu wahren, muß es doch auch einmal möglich sein, erheblich abweichende Sachverhalte auch entsprechend ihrer Unterschiedlichkeit erheblich abweichend zu regeln. Eine Präzedenz ist damit allenfalls für die Fälle geschaffen, in denen es auch so stark unterschiedliche Erscheinungen nach typischer Verhaltensweise, involvierten Summen und kriminellem Gehalt gibt. Die Fälle des § 108 a UrhG werden aber auch insoweit erfaßt, als sich der Tatbestand des Vervielfältigens oder des Verbreitens erst infolge einer Verweisung aus einzelnen Nummern des § 108 UrhG auf andere Vorschriften ergibt.

Aus diesem dargestellten Zweck ergibt sich auch die Einführung des Offizialdelikts für gewerbsmäßige Straftaten im Urheberrecht sowie die Notwendigkeit der Lockerung des Antragserfordernisses in § 109 UrhG.

Weiterhin wurde durch die Fassung des § 110 UrhG dafür gesorgt, daß es insofern bei der alten Rechtslage nach dem geltenden Urheberrechtsgesetz bleibt, als der Ausschluß der Einziehung auf die nichtgewerbsmäßigen Fälle beschränkt wird. Das heißt zugleich, daß eben in den Fällen des gewerbsmäßigen Verhaltens die Einziehung der Gegenstände, die durch die Straftat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (§ 74 Abs. 1 StGB), möglich ist.

Dies dürfte ein empfindliches Instrument sein. Denn z. B. die gewerbsmäßig für Raubkopien eingesetzten Kopierstraßen stellen zum Teil ganz erhebliche Werte dar.

In § 111 UrhG schließlich wurde der neue § 108 a UrhG berücksichtigt, um das sinnwidrige Ergebnis zu vermeiden, daß gerade in den besonders schweren Fällen die Veröffentlichung der Verurteilung nicht möglich gewesen wäre.

12. Zu Artikel 2 Nr. 1 a - § 13 Abs. 3 Urheberrechtswahrnehmungsgesetz

Durch die Neufassung soll die Tarifgestaltung der Verwertungsgesellschaften für die Nutzer und auch für die Schiedsstelle, die in Zukunft auch für Entscheidungen über Einzelnutzungen zuständig sein soll, durchschaubarer werden.

13. Zu Artikel 2 Nr. 2 a - § 13 a Abs. 2 Satz 2

Die Neufassung - allein dieses Satzes - knüpft an die beabsichtigte Ergänzung des § 3 UrhG an und soll verhindern, daß Veranstalter, die ganz überwiegend gemeinfreies Musikgut aufführen, der Auskunftspflicht nach § 16 des Wahrnehmungsgesetzes (§ 13 des Regierungsentwurfs) unterworfen werden, die nur für die Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke gedacht ist.

14. Zu Artikel 2 Nr. 4 - § 14 Abs. 1

Unter § 14 Abs. 1 Nr. 1 fällt auch der Abschluß eines Sendevertrages. Die ausdrückliche Erwähnung des Sendevertrages war nicht mehr erforderlich, da ein Sendeunternehmen Einzelnutzer ist und damit unter Nummer 1 fällt

15. Zu Artikel 2 Nr. 5 - § 14 c Abs. 1 Satz 2

Da dem Antrag auf Festsetzung eines Gesamtvertrages in der Regel längere Verhandlungen zwischen den Parteien vorausgehen, ist es den Parteien nicht immer möglich, den Antrag auf Festsetzung des Gesamtvertrages zu Beginn eines Jahres bei der Schiedsstelle zu stellen. Um dennoch zu gewährleisten, daß der von der Schiedsstelle vorgeschlagene Gesamtvertrag jeweils ein ganzes Wirtschaftsjahr erfassen kann, ist der Regierungsentwurf dahin gehend abgeändert worden, daß der Gesamtvertrag nicht nur ab Antragstellung gelten soll, sondern schon vom 1. Januar des Jahres an, in dem die Antragstellung erfolgt.

16. Zu Artikel 2 Nr. 4 - §§ 14 Abs. 1, Abs. 5 und 6

Zu Artikel 2 Nr. 5 - §§ 14 c Abs. 2

Zu Artikel 2 Nr. 6 - § 15 Nr. 4

Zu Artikel 2 Nr. 7 - § 16 Abs. 4

Hier hat sich der Ausschuß den Vorschlägen des Bundesrates (Drucksache 10/837, S. 34, 35; Nr. 25, 26, 29, 31, 33), denen die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (Drucksache 10/837, S. 42) zugestimmt hatte, angeschlossen.

17. Zu Artikel 2 Nr. 8 - § 20a

Da in § 54 Abs. 2 UrhG nunmehr eine kombinierte Geräte-/Großbetreibervergütung vorgesehen ist, muß § 20 a Urheberrechtswahrnehmungsgesetz auch auf die Befugnis zur Weitergabe von Einfuhrmeldungen von Fotokopiergeräten ausgedehnt werden. § 20 a Urheberrechtswahrnehmungsgesetz bezieht sich daher auf § 54 UrhG insgesamt, weshalb die Verweisung allein auf den Absatz 1 des § 54 UrhG zu streichen war. Die sich aus § 20 a Urheber rechtswahrnehmungsgesetz ergebende Befugnis zur Weiterleitung der Einfuhrmeldungen erstreckt sich auch auf das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft.

18. Zu Artikel 2 Nr. 9 - § 26a

Die Übergangsbestimmung entspricht einem verfahrensökonomischen Gebot. Sie soll gewährleisten, daß anhängige Großverfahren, in deren Streitstoff die Mitglieder der Schiedsstelle bereits eingearbeitet sind, von der Schiedsstelle in der alten Besetzung zu Ende geführt werden können. Damit wird vermieden, daß der Abschluß des Verfahrens für die Parteien unzumutbar verlängert wird.

19. Zu Artikel 4 - Inkrafttreten

Wie eingangs dargestellt, wurde der Gesetzgebungsprozeß von großem Interesse der beteiligten Kreise begleitet. Die nunmehr vorgeschlagenen Regelungen können als bekannt und akzeptiert vorausgesetzt werden. In Anbetracht der teilweise nicht unerheblichen positiven finanziellen Auswirkungen für die Urheber empfiehlt der Ausschuß ein Inkrafttreten der Novelle so bald wie möglich. Andererseits muß im Hinblick auf die notwendige Klarheit bei der Rechtsanwendung ein markantes Datum gewählt werden. Der Ausschuß hat daher beschlossen, schon den 1. Juli 1985 als Zeitpunkt des Inkrafttreten vorzusehen. Das Inkrafttreten der Neuregelung des Schiedsstellenverfahrens ist auf den 1. Januar 1986 festgesetzt worden, weil noch die Schiedsstellenverordnung an die neuen Bestimmungen im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz anzugleichen ist

20. Anlage zu 154 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes

Der Ausschuß hat sich bemüht, die bislang alleinige Belastung der Geräteindustrie gerecht auf Geräte- und Trägerindustrie zu verteilen. Durch eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung soll dafür gesorgt werden, daß auch Geräteimporte möglichst ebenso vollständig erfaßt werden wie die deutsche Produktion. Die Steigerung des Verkaufspreises wird kaum ins Gewicht fallen. Das Grundsätzliche hierzu ist im Regierungsentwurf ausgeführt.

21. Anlage zu § 54 Abs. 2 des Urheberrechtsgesetzes

Der Rechtsausschuß schlägt nach der Leistungsfähigkeit des Kopiergerätes gestaffelte Vergütungssätze vor. Dabei geht er zum einen davon aus, daß mit leistungsfähigeren Geräten mehr kopiert wird und damit auch Urheberrechte Dritter stärker in Anspruch genommen werden.

Zum anderen erschien es unangemessen, kleinere Geräte mit der gleichen Vergütung zu belasten wie große Geräte, die ein Vielfaches kosten. Bei diesem System konnte auch der Satz für kleinere Geräte niedriger angesetzt werden, als es bei einem einheitlichen Satz hätte geschehen können.

Diese Gerätevergütung ist eine pauschalierte Vergütung für den Bereich, in dem der einzelne Kopiervorgang nicht besonders vergütet werden muß. Letzteres geschieht eben nur noch bei den sogenannten Großbetreibern.

Der Ausschuß erwartet, daß damit auch die praktischen Probleme gelöst werden, die bei dem Versuch aufgetreten wären, den einzelnen Kopiervorgang zu erfassen. Da die Wahrnehmung der Urheberrechte verwertungsgesellschaftspflichtig ist, wird sich also in der täglichen Praxis des Vervielfältigungsvorgangs für den Benutzer nichts ändern.

Eine erhöhte Vergütung ist einzig für Ablichtungen aus Schulbüchern vorgesehen, um der eingerissenen "Zettelpädagogik" zu begegnen, die die Urheberrechte stark beeinträchtigt und unerwünschte Folgewirkungen auf dem Schulbuchsektor hat. Ein Rückgriff auf das Fotokopieren aus Schulbüchern soll bewußt erschwert und auf Ausnahmefälle beschränkt werden, zumal erwartet werden kann, daß für das jeweilige Fach ohnehin ein bestimmtes Schulbuch beschafft wird.

Bonn, den 17. Mai 1985

Saurin Stiegler

Berichterstatter

 

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