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SIEBENTER ABSCHNITT
Gesetzliche Nutzungsrechte

(Anm. d. Red.: nicht in das UrhG übernommen.)

Zu § 64 - Herstellung von Tonträgern

Die durch § 22 LUG im Jahre 1910 eingeführte Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgern ist im Entwurf grundsätzlich aufrechterhalten worden. Nach wie vor ist ein Bedürfnis dafür anzuerkennen, daß die Werke der Tonkunst allen Herstellern von Tonträgern für die Übertragung auf solche Vorrichtungen gegen angemessene Gebühr zur Verfügung stehen. Damit wird Monopolbildungen zugunsten einzelner Firmen vorgebeugt. Es liegt ebenso im Interesse der Komponisten wie der Allgemeinheit, daß für die Aufnahme auf Tonträger der Wettbewerb mehrerer Hersteller offengehalten und dadurch das Streben nach Vervollkommnung der Tonträger wachgehalten wird. Der Entwurf hält daher grundsätzlich an der Bestimmung des § 22 LUG fest, sieht aber keine Zwangslizenz vor, sondern eine gesetzliche Lizenz (Absatz 1 Satz 1). Bei einer Zwangslizenz muß derjenige, der ein Werk auf Tonträger übertragen will, zunächst die Erlaubnis hierzu vom Urheber einholen, und dieser darf sie bei Vorliegen der Voraussetzungen der Zwangslizenz nicht verweigern. Verweigert er die Erlaubnis dennoch, so muß der Hersteller auf ihre Erteilung klagen. Dieses Verfahren ist umständlich und kostet den Hersteller unter Umständen so viel Zeit, daß sich dann die Aufnahme des Werkes auf Tonträger nicht mehr lohnt, weil das Publikumsinteresse an dem betreffenden Werk geschwunden ist. Insbesondere bei Schlagermusik kann dies leicht so liegen. Der Entwurf schlägt daher die gesetzliche Lizenz vor, wie sie auch im englischen Recht vorgesehen ist. Danach erhält der Hersteller bei Vorliegen der vorgeschriebenen Voraussetzungen kraft Gesetzes das Recht, das Werk auf Tonträger zu übertragen und diese zu vervielfältigen und zu verbreiten, wenn er dem Urheber seine Absicht, dieses Recht auszuüben, durch eingeschriebenen Brief mitgeteilt hat und seit Absendung des Briefes zwei Wochen verstrichen sind (vgl. Absatz 3).

Voraussetzung für die gesetzliche Lizenz ist, daß der Urheber eines Werkes der Musik einem Hersteller von Tonträgern gestattet hat, das Werk zu gewerblichen Zwecken auf Tonträger zu übertragen und diese zu vervielfältigen und zu verbreiten. Das gesetzliche Nutzungsrecht soll hiernach abweichend vom geltenden Recht nicht entstehen, wenn der Urheber die Erlaubnis zur Herstellung von Tonträgern nicht einem Tonträgerhersteller erteilt, sondern einem Dritten, etwa seinem Verleger, ein entsprechendes Recht eingeräumt hat, weil in diesem Fall noch kein Hersteller eine Monopolstellung erlangt hat.

Die Lizenz erscheint auch nicht gerechtfertigt, wenn der Urheber seine Rechte an eine Verwertungsgesellschaft übertragen hat. Insoweit bedarf es keines gesetzlichen Nutzungsrechts, weil die Verwertungsgesellschaften nach § 11 des Entwurfs eines Verwertungsgesellschaftengesetzes dem Abschlußzwang unterliegen sollen, jeder Tonträgerhersteller also diese Rechte gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung erwerben kann. Der Entwurf schließt daher in Absatz 1 die Geltendmachung der gesetzlichen Lizenz für diesen Fall aus.

Absatz 1 Satz 2 stellt klar, daß das gesetzliche Nutzungsrecht des Tonträgerherstellers nicht die Befugnis umfaßt, das Werk auf Tonträger aufzunehmen, die mit Bildträgern zur gleichzeitigen Wiedergabe verbunden sind (Tonfilme). Satz 3 erklärt die Bestimmungen in § 46 Abs. 3 über das Widerspruchsrecht bei gewandelter Uberzeugung für entsprechend anwendbar. Der Urheber soll die Ausübung des gesetzlichen Nutzungsrechts verhindern können, wenn sich seine Überzeugung gewandelt hat und ihm deshalb die weitere Verbreitung des Werkes nicht mehr zugemutet werden kann.

Die Absätze 2 und 4 entsprechen dem geltenden Recht (§ 22 Abs. 1 Satz 2 und 3 LUG) mit der Maßgabe, daß die Bestimmung in § 22 Abs. 1 Satz 3 LUG, nach der im Falle der Gegenseitigkeit auf Grund einer entsprechenden Bekanntmachung die Ausfuhr von Tonträgern auch nach Staaten zugelassen werden kann, in denen das Werk einen Schutz gegen die Übertragung auf Tonträger genießt, in den Entwurf nicht übernommen ist. Eine solche Bestimmung würde Artikel 13 der Brüsseler Fassung der Berner Ubereinkunft widersprechen. Nach dieser Vorschrift genießen die Urheber von musikalischen Werken das ausschließliche Recht, die Aufnahme ihrer Werke auf Tonträger zu erlauben. Dieses Recht kann zwar von der inneren Gesetzgebung des Verbandslandes nach Artikel 13 Abs. 2 eingeschränkt werden, jedoch ist ausdrücklich bestimmt, daß sich die Wirkung dieser Maßnahme auf das Gebiet des betreffenden Verbandslandes beschränkt.

Entsprechend dern geltenden Recht (§ 22 Abs. 1 Satz 1 LUG) ist dem Urheber für die Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes auf Grund der gesetzlichen Lizenz eine angemessene Vergütung zu gewähren (Absatz 5 Satz 1). Satz 2, wonach der Vergütungsanspruch bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts dem Nutzungsberechtigten zustehen soll, beruht auf der Erwägung, daß der Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts hier in vermögensrechtlicher Hinsicht an die Stelle des Urhebers tritt; das gesetzliche Nutzungsrecht beschränkt unmittelbar das vertraglich eingeräumte ausschließliche Nutzungsrecht.

Für vertonte Sprachwerke ist in Absatz 6 in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht (§ 22 Abs. 2 LUG) vorgeschrieben, daß auch gegen den Verfasser des Textes die gesetzliche Lizenz durchgreift, sofern er einmal einem Hersteller von Tonträgern gestattet hat, den Text in Verbindung mit dem Werk der Musik auf Tonträger zu übertragen. Es ist angeregt worden, das gesetzliche Nutzungsrecht auch für die in § 52 bezeichneten Sprachwerke vorzusehen. Diese Werke dürfen jedoch bereits auf Grund des § 52 ohne Einwilligung des Urhebers in jeder Weise, also auch durch Übertragung auf Tonträger vervielfältigt werden. Die vorgeschlagene Regelung erübrigt sich daher.

Absatz 7 stellt klar, daß die Einräumung eines Nutzungsrechts zur Verwendung des Werkes in einem Tonfilm das gesetzliche Nutzungsrecht nicht entstehen läßt.

Zu § 65 - Funksendung

Der Rundfunk hat sich im Laufe der Zeit zu einem der wichtigsten Mittel entwickelt, um Werke der Literatur und Kunst den breiten Volksschichten nahezubringen. Weite Kreise der Bevölkerung werden mit den Werken der Dichter und Komponisten fast nur durch den Empfang von Rundfunksendungen bekannt. Dieser erfüllt somit eine wichtige kulturelle Aufgabe. Es liegt im Interesse der Allgemeinheit, daß ihm die Erfüllung dieser Aufgabe möglichst erleichtert wird. In der Regel werden die Urheber selbst das größte Interesse daran haben, daß ihre Werke durch Rundfunk gesendet werden; denn abgesehen von den damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteilen kann der Urheber durch die Sendung seines Werkes in weiten Kreisen bekannt werden. Soweit der Urheber sein Senderecht selbst wahrnimmt, dürfte daher der Rundfunk unschwer die erforderliche Sendeerlaubnis erlangen können. Hat der Urheber jedoch einem Dritten ein ausschließliches Nutzungsrecht zur Funksendung eingeräumt, so ist er selbst an der weiteren Verwertung seines Senderechts gehindert. Die Sendeunternehmen müssen dann die Sendeerlaubnis von dem Erwerber des ausschließlichen Rechts einholen, der sie möglicherweise nicht erteilt. Der Entwurf sieht für diesen Fall ein gesetzliches Nutzungsrecht zur Funksendung vor. Eine solche gesetzliche Lizenz ist in der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft für die innere Gesetzgebung der Verbandsländer zugelassen (Artikel 11bis, Abs. 2). Es ist dort nur vorgeschrieben, daß die gesetzliche Lizenz in keinem Falle das droit moral oder den Anspruch des Urhebers auf eine angemessene Vergütung beeinträchtigen darf. Von der Möglichkeit einer solchen gesetzlichen Lizenz haben bereits mehrere Staaten Gebrauch gemacht, wie Bulgarien, Italien, Japan, Jugoslawien, Monaco, Polen und die Tschechoslowakei.

Absatz 1 bestimmt, daß das gesetzliche Nutzungsrecht nur an Sprachwerken und Werken der Musik besteht. Damit scheidet der Entwurf alle anderen Arten von Werken von der Regelung des § 65 aus; diese Werke sind nicht in gleichem Maße für die Durchführung des Sendebetriebs notwendig wie Sprachwerke und Werke der Musik. Der Zusatz "für die Dauer dieses Nutzungsrechts" stellt klar, daß das gesetzliche Nutzungsrecht entfällt, wenn das vertraglich eingeräumte Senderecht durch Zeitablauf oder Rückruf erloschen ist. Nur während Bestehens eines vertraglichen ausschließlichen Nutzungsrechts zur Funksendung ist ein schutzwürdiges Bedürfnis für das gesetzliche Nutzungsrecht anzuerkennen.

Nach Absatz 2 ist für die Sendung eine angemessene Vergütung zu entrichten. Die Verfügung soll jedoch nicht dem Urheber, sondern entsprechend § 64 Abs. 6 dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts gewährt werden.

Absatz 3 sieht vor, daß ein gesetzliches Nutzungsrecht nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn der Urheber ein ausschließliches Nutzungsrecht lediglich zur Sendung des Werkes im Rahmen eines Tonfilmes eingeräumt hat. Dies entspricht § 64 Abs. 7.

Zu § 66 - Änderungsverbot; Quellenangabe

Soweit auf Grund eines gesetzlichen Nutzungsrechts die Benutzung eines Werkes zulässig ist, dürfen aus denselben Gründen wie bei freien Werknutzungen Änderungen an dem Werk nicht vorgenommen werden; ebenso ist die Quelle deutlich anzugeben. Dies bestimmt § 66 durch Verweisung auf § 62 Abs. 1 und 2 und § 63 Abs. 1 und 2.