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Zu § 3

§ 3 definiert mit dem Begriff der Wohnung den maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Beitragspflicht im privaten Bereich. Es handelt sich um eine eigenständige Definition für den Bereich des Rundfunkbeitragsrechts, die an den Abgrenzungserfordernissen des Beitragsrechts ausgerichtet und im Lichte des Beitragsmodells auszulegen ist. Mit der Anknüpfung an die Wohnung wird der pflichtbegründende und -abgrenzende Tatbestand des gemeinsamen Haushalts typisierend umschrieben. Der private Haushalt bildet in der Vielfalt moderner Lebensformen häufig Gemeinschaften ab, die auf ein Zusammenleben angelegt sind. Die an dieser Gemeinschaft Beteiligten üben ihre Informationsfreiheit (Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes) typischerweise in ihrer gemeinsamen Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) aus. Für den räumlich eingegrenzten, innersten Privatbereich, in dem sich die maßgeblichen Charakteristika der Haushaltsgemeinschaft regelmäßig verwirklichen, kennt die Rechtsordnung also bereits den formalisierten Rechtsbegriff der Raumeinheit „Wohnung“ nebst entsprechenden Abgrenzungsmöglichkeiten. In der Wohnung beanspruchen deren Inhaber den „inneren Wohnungsschutz“ als Mittelpunkt ihrer menschlichen Entfaltung und individuellen Persönlichkeitsgestaltung. Für die Anforderungen des Rundfunkrechts kann deshalb angenommen werden, dass Haushalt und Wohnung regelmäßig deckungsgleich sind. Das Rundfunkbeitragsrecht geht aus diesen Gründen tatbestandlich vom Begriff der Wohnung aus und konkretisiert ihn durch einige spezifische Gesichtspunkte (Absatz 1 Satz 1). Es macht sich zunutze, dass der Begriff der Wohnung – anders als der Haushalt – objektiv formalisiert abgrenzbar ist. Auch das Innehaben einer Wohnung kann – anders als die Mitgliedschaft in einem Haushalt – anhand objektiver Kriterien abgegrenzt werden, indem mit Hilfe der in § 2 Abs. 2 Satz 2 formulierten Vermutungen auf vorhandene Rechtsinstitute des Melde- und des Mietrechts zurückgegriffen wird. Diese Anknüpfung hat überdies den Vorteil, dass zur Ermittlung und Abgrenzung des Tatbestandes regelmäßig keine Nachforschungen im privaten, grundrechtlich besonders geschützten Innenbereich erforderlich sind. Nicht erst in seinem Vollzug, sondern schon im von den Landesrundfunkanstalten zu ermittelnden gesetzlichen Tatbestand wahrt das Rundfunkbeitragsmodell damit die ihm verfassungsrechtlich gesetzten Schranken. Das Betreten der Wohnungen erübrigt sich, die Bemessungsgrundlage des Rundfunkbeitrags erfordert nur die Ermittlung weniger personenbezogener Daten. Der Abgabentatbestand bleibt damit im Vorfeld individualisierenden Datenschutzes und des Schutzbereichs der Wohnung. Anders als in der Vorgängerregelung ist eine Nachschau hinter der Wohnungstür nicht mehr erforderlich.

In Absatz 1 Satz 1 wird mit Blick auf die dargestellten Abgrenzungserfordernisse zunächst der Begriff der Wohnung für den Bereich des Rundfunkbeitragsrechts definiert. Grundsätzlicher Anknüpfungspunkt ist – wie auch im nicht privaten Bereich – die Raumeinheit. Allgemeine Abgrenzungskriterien sind darüber hinaus die Ortsfestigkeit und die bauliche Abgeschlossenheit. Vorausgesetzt wird weiterhin, dass die Raumeinheit zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird (Satz 1 Nr. 1). Ein tatsächliches Bewohnen der betreffenden Raumeinheit ist keine notwendige Bedingung zur Begründung der Wohnungseigenschaft einer Raumeinheit; darauf kommt es vielmehr allein für die Inhaberschaft und die daran anknüpfende Beitragspflicht an (§ 2 Abs. 2 Satz 1). Auch eine gewisse Regelmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit des Bewohnens ist daher für die Begründung der Wohnungseigenschaft nicht erforderlich. Ein privates, d. h. für den Eigenbedarf vorgesehenes Wochenendhaus bleibt selbst dann eine Wohnung, wenn es z. B. nur einmal im Jahr für einen Kurzurlaub tatsächlich aufgesucht und im Übrigen lediglich zum Bewohnen bereitgehalten wird. Schließlich ist Voraussetzung, dass die Raumeinheit durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann (Satz 1 Nr. 2). Dabei ergibt sich aus den Standard-Anwendungsfällen des Absatz 1 Satz 1, nämlich dem klassischen Einfamilienhaus einerseits bzw. der herkömmlichen Familienwohnung innerhalb eines Mehrfamilienhauses andererseits, dass die Begriffe „Treppenhaus“ und „Vorraum“ jeweils auf größere Einheiten zu beziehen sind, also nicht die Treppe innerhalb des Einfamilienhauses oder die Diele bzw. den Wohnungsflur erfassen. Nummer 2 dient demnach der Abgrenzung der Wohnung gegenüber größeren Raumeinheiten (Mehrfamilienhaus) und kleineren Raumeinheiten innerhalb von Wohnungen (einzelne Zimmer), die die Voraussetzungen des Absatz 1 nicht erfüllen. Anhand dieses Merkmals wird im Vollzug des Staatsvertrages auch die Qualifikation einzelner Raumeinheiten in Wohnheimen und Wohngruppen aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu erfolgen haben. So wird etwa die typische Wohngemeinschaft von Studierenden, in der zwar jedes Mitglied ein Zimmer mit Bett, Schrank und Schreibtisch bewohnt, Gemeinschaftsräume wie Küche, Bad und gegebenenfalls sonstige Aufenthaltsräume jedoch gemeinsam genutzt werden, als eine einheitliche Wohnung im Sinne des Staatsvertrages zu qualifizieren sein. Anderes kann etwa für Unterkünfte in Betracht kommen, in denen beispielsweise nur die sanitären Einrichtungen gemeinsam genutzt werden. Moderne Wohnformen für Senioren, etwa Seniorenwohngemeinschaften oder generationenübergreifendes Wohnen, sind ebenfalls anhand dieser Kriterien abzugrenzen. Die typische personenbezogene Wohneinheit im Alten-und Pflegeheim demgegenüber ist, soweit sie nicht nur vorübergehend bewohnt wird (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2), als Wohnung zu qualifizieren und der jeweilige Inhaber damit beitragspflichtig.

Absatz 1 Satz 2 dehnt den Anwendungsbereich der Beitragspflicht auf nicht ortsfeste Raumeinheiten aus, soweit es sich bei ihnen um Wohnungen im Sinne des Melderechts handelt (z. B. Wohnwagen und Wohnschiffe, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden). Bauten nach § 3 des Bundeskleingartengesetzes werden durch Satz 3 vom Anwendungsbereich der Beitragspflicht ausgenommen. Ausgeschlossen ist damit insbesondere eine Rundfunkbeitragspflicht für sogenannte Lauben und Datschen, in denen typischerweise kein eigener Haushalt eingerichtet ist. Dies ergibt sich aus dem in Bezug genommenen § 3 Abs. 2 Satz 2 des Bundeskleingartengesetzes, demzufolge entsprechende Lauben nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein dürfen. Vor diesem Hintergrund umfasst der Ausnahmetatbestand ausschließlich Bauten, die im Rahmen der Maßgaben des § 3 des Bundeskleingartengesetzes zulässig errichtet worden sind, nicht hingegen aufgrund von Überleitungsvorschriften wie etwa §§ 18, 20a Nr. 7 und 8 des Bundeskleingartengesetzes gleichgestellte oder geduldete Bauten. Eine Ausnahme nach Absatz 1 Satz 3 kommt demnach auch dann nicht in Betracht, wenn die Bauten tatsächlich zum dauernden Wohnen geeignet oder eingerichtet sind, eine Meldepflicht begründen oder sich dort jemand gemeldet hat (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1).

Absatz 2 nimmt bestimmte Raumeinheiten in Betriebsstätten aus dem Begriff der Wohnung aus. Als Ausnahme vom Grundtatbestand des Absatzes 1 ist die Aufzählung des Absatzes 2 abschließend. Auch wenn die dort genannten Raumeinheiten im Einzelfall den Tatbestand des Absatzes 1 erfüllen, gelten sie nicht als Wohnung. Die Ausnahme dient der Vermeidung von tatbestandlichen Überschneidungen mit dem nicht privaten Bereich und damit der Abgrenzung von der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich (§§ 5 und 6). Aus diesem Grund sind lediglich Raumeinheiten ausgenommen, die entsprechenden Betriebsstätten zuzuordnen, insbesondere in diesen Betriebsstätten gelegen oder selbst als Betriebsstätte zu qualifizieren sind. In diesen Fällen ist nicht der Bewohner der betreffenden Raumeinheit aufgrund der §§ 2 und 3, sondern gegebenenfalls der Inhaber der jeweiligen Betriebsstätte oder Raumeinheit nach Maßgabe der §§ 5 und 6 beitragspflichtig.

Absatz 2 Nummer 1 nimmt Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften aus dem Wohnungsbegriff aus. Beispielhaft genannt werden Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber und Internate. Studenten- und Schwesternwohnheime sind demgegenüber keine Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne der Ausnahme nach Nummer 1. Eine Beitragspflicht kann insoweit also im Hinblick auf die bewohnten Raumeinheiten für deren Bewohner nach Maßgabe der §§ 2 und 3 bestehen, wobei es zur individuellen Abgrenzung auf die räumliche Gestaltung ankommt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, s. o.). Daneben kann der Inhaber der entsprechenden Betriebsstätte nach Maßgabe der §§ 5 und 6 beitragspflichtig sein. Im Rahmen der Nummer 2 ist für die Abgrenzung maßgeblich, dass die jeweilige Raumeinheit ihrem Hauptzweck nach der nicht dauerhaften Unterbringung der betreffenden Personen dient. Ist dagegen ein grundsätzlich unbefristetes Bewohnen der Raumeinheiten vorgesehen, begründen die Menschen dort also – wie in Behinderten- oder Altenwohnheimen – regelmäßig ihren Wohnsitz, werden sie damit beitragspflichtig. Unberührt bleibt auch insoweit die Möglichkeit einer Beitragspflicht des jeweiligen Betriebsstätteninhabers nach Maßgabe der §§ 5 und 6. In einigen der im Katalog des Absatzes 2 angesprochenen Betriebsstätten kommt darüber hinaus die Anwendung von Sonderregelungen in Betracht, in den Fällen der Nummern 1 bis 3 etwa die Anwendung des § 5 Abs. 3. Für einige der in Nummer 5 genannten Raumeinheiten sieht § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 für den gewerblichen Bereich einen gesonderten Anknüpfungstatbestand vor.

Zu § 4

§ 4 regelt für natürliche Personen im privaten Bereich die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht und die Ermäßigung der Rundfunkbeitragspflicht. Eine Ermäßigung der Rundfunkbeitragspflicht auf ein Drittel des Beitrags kann von bestimmten Menschen mit Behinderung in Anspruch genommen werden. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag sah die Möglichkeit der Ermäßigung von Rundfunkgebühren noch nicht vor. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ist weiterhin an den Bezug bestimmter staatlicher Sozialleistungen gebunden. § 4 knüpft insofern an die Regelungsgrundsätze von § 6 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages an. Dies gilt sowohl für den Katalog der Befreiungstatbestände, die Nachweisführung als auch für das Verfahren. Diese Regelung hat sich in der Praxis bewährt. Damit leistet die Neuregelung des § 4 einen Beitrag zur Fortsetzung einer sicheren Rechtsanwendung, sowohl für die Antragsteller als auch für andere Verfahrensbeteiligte. Der Katalog der Befreiungstatbestände wird hinsichtlich des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 9 bis 11 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in zum Teil modifizierter Form durch § 4 übernommen. Der Nachweis eines Rundfunkbefreiungstatbestandes im Sinne von § 4 Abs. 1 erfolgt entsprechend der bisherigen Rechtslage durch Vorlage amtlicher Bescheinigungen bestimmter staatlicher Stellen. Ausgenommen davon ist der Befreiungstatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 10 Alt. 1, für dessen Vorliegen nach Absatz 7 Satz 2 eine erleichterte Nachweismöglichkeit besteht.

In Absatz 1 werden die Regelungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 9 bis 11 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in den nachstehenden Punkten geändert: Nach Nummer 3 stellt der Empfang von Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II einschließlich von Leistungen nach § 22 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) einen Befreiungstatbestand dar. Die Regelung zur Fallkonstellation, dass Zuschläge nach § 24 SGB II gewährt werden, ist gegenstandslos geworden, da § 24 SGB II durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 9. Dezember 2010, das am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, aufgehoben worden ist. Entsprechend dem Regelungsgedanken des § 2 stellt der Tatbestand der Nummer 5 auf das „Wohnen“ ab. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 können lediglich volljährige Personen Rundfunkbeitragsschuldner im privaten Bereich sein. Deswegen wird in Nummer 9 auf „Volljährige“ abgestellt (anders noch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages, der auf „Kinder, Jugendliche und junge Volljährige“ abstellte). In den Katalog der Befreiungstatbestände werden mit der neuen Nummer 10 als Befreiungsberechtigte taubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe nach § 72 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) aufgenommen.

Für Menschen mit Behinderung im Sinne von Absatz 2 Satz 1 wird auf Antrag die Rundfunkbeitragspflicht auf ein Drittel des Beitrags ermäßigt. Die betreffenden Fallgruppen der Nummern 1 bis 3 des Satzes 1 entsprechen den Befreiungstatbeständen der Nummern 7 und 8 des § 6 Abs. 1 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages. Die Regelung des Satzes 1 erfolgt, da eine Behinderung im Sinne der Nummern 1 bis 3 von Satz 1 für sich genommen nicht den Empfang jeglicher Rundfunkangebote für die betreffenden Menschen mit Behinderung ausschließt. Das Bundessozialgericht hat in einer Entscheidung vom 27. Januar 2000 (B 9 SB 2/00 R, Seite 5) darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass die „Gebührenbefreiung für Behinderte einen Verstoß gegen den gebührenrechtlichen Grundsatz der verhältnismäßigen Gleichbehandlung aller Nutzer“ darstelle. Die Regelung zur Beitragsermäßigung auf ein Drittel des Rundfunkbeitrags führt daher zu einer angemessenen Beteiligung der in Satz 1 genannten Personengruppen an der Rundfunkfinanzierung. Bei taubblinden Menschen ist die Wahrnehmung von Rundfunkangeboten dagegen physisch unmöglich. Für diesen Fall ist in Absatz 1 mit der Nummer 10 ein zusätzlicher Befreiungstatbestand in den Katalog der Befreiungstatbestände aufgenommen worden.

Gemäß Absatz 2 Satz 2 sind Menschen mit Behinderung im Sinne von Satz 1 von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien, wenn sie daneben auch die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach Absatz 1 erfüllen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass in dem Fall, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach Absatz 1 vorliegen, eine Behinderung im Sinne der Nummern 1 bis 3 von Absatz 2 Satz 1 nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber solchen Personen führt, bei denen eine solche Beeinträchtigung nicht vorliegt. Denn für eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallgruppen liegt kein sachlicher Grund vor.

In einer Protokollerklärung zu diesem Staatsvertrag weisen die Länder in diesem Zusammenhang darauf hin, dass mit den Rundfunkbeiträgen finanziell leistungsfähiger Menschen mit Behinderung die Finanzierung barrierefreier Angebote erleichtert werden soll. Die Länder erwarten, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio hierzu ihren Dialog mit den betroffenen Verbänden mit dem Ziel intensivieren, ihr diesbezügliches Angebot auszuweiten, und hierüber regelmäßig berichten. In diesem Zusammenhang erwarten die Länder mit Blick auf § 3 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages auch, dass die privaten Veranstalter von bundesweit verbreitetem Rundfunk ihr barrierefreies Angebot verbessern.

Absatz 3 beinhaltet eine Neufassung des Personenkreises, auf den sich eine gewährte Rundfunkbeitragsbefreiung nach Absatz 1 oder eine Rundfunkbeitragsermäßigung nach Absatz 2 über den Antragsteller hinaus erstreckt. Es handelt sich hierbei um dessen Ehegatten (Nummer 1), ferner um den eingetragenen Lebenspartner (Nummer 2) sowie um die Wohnungsinhaber, die bei der Gewährung einer Sozialleistung nach Absatz 1 als Teil einer Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII (Nummer 3) berücksichtigt worden sind. Unter Einsatzgemeinschaften im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII werden nicht getrennt lebende Ehegatten oder Lebenspartner sowie minderjährige unverheiratete Kinder mit ihren Eltern oder einem Elternteil verstanden. Ungeachtet des Anwendungsbereiches von Nummer 3 sind minderjährige Kinder gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 keine Rundfunkbeitragsschuldner.

Abweichend zur bisherigen Rechtslage ermöglicht Absatz 4 eine bestimmte rückwirkende Befreiung oder Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht. Voraussetzung hierfür ist gemäß Satz 1, dass im Zeitpunkt der Antragstellung der für die Befreiung maßgebliche sozialrechtliche Leistungsbescheid oder die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 1 oder der Feststellungsbescheid nach Absatz 2 nicht älter als zwei Monate ist. In diesem Fall beginnt die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht bzw. die Ermäßigung der Rundfunkbeitragspflicht mit dem Ersten des Monats, zu dem der Gültigkeitszeitraum des Bescheids beginnt. Wird der Antrag erst zu einem späteren Zeitpunkt gestellt, so beginnt die Befreiung oder Ermäßigung mit dem Ersten des Monats, der der Antragstellung folgt (Satz 2). Satz 3 bestimmt, dass die Rundfunkbeitragsbefreiung oder -ermäßigung auf die Gültigkeitsdauer des Bescheides oder der amtlichen Bescheinigung zu befristen ist. Satz 4 regelt, dass in dem Fall, dass der Bescheid oder die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 7 Satz 2 unbefristet ist, die Befreiung oder Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht auf drei Jahre befristet werden kann, wenn eine Änderung der Umstände möglich ist, die dem Tatbestand zugrunde liegen. Eine Sonderregelung enthält § 2 Abs. 3 Satz 2.

Wird der Bescheid oder die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 7 Satz 2 unwirksam, zurückgenommen oder widerrufen, so endet gemäß Absatz 5 Satz 1 die Befreiung oder Ermäßigung zum selben Zeitpunkt kraft Gesetzes (für die entsprechende Regelung für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht s. § 6 Abs. 6 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages). Satz 2 regelt eine spezielle Anzeigepflicht des Beitragsschuldners. Umstände im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 sind vom Beitragsschuldner der zuständigen Landesrundfunkanstalt unverzüglich mitzuteilen (so für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht auch § 6 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Abs. 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages).

Absatz 6 sieht weiterhin eine Beitragsbefreiung in besonderen Härtefällen vor. Abweichend zur bisherigen Regelung der Rundfunkgebührenbefreiung in besonderen Härtefällen in § 6 Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages handelt es sich bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Rundfunkbeitragsbefreiung um eine gebundene Entscheidung der zuständigen Landesrundfunkanstalt. Absatz 6 weicht auch insoweit von der Regelung des § 6 Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages ab, als aus Gründen der Rechtsklarheit ausdrücklich geregelt wird, dass eine Rundfunkbeitragsbefreiung das Stellen eines „gesonderten“ Antrages voraussetzt. Der Begriff des besonderen Härtefalles wird nicht definiert. Ein besonderer Härtefall liegt insbesondere vor, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vorliegen, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann. Mit der Regelung des Satzes 2 ist ein besonderer Härtefall insbesondere auch in dem Fall gegeben, dass eine Sozialleistung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 10 in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Für den Nachweis ist die Vorlage eines ablehnenden Bescheids dieses Inhalts erforderlich. Darüber hinaus ist ein besonderer Härtefall unter anderem dann anzunehmen, wenn es einem Rundfunkbeitragsschuldner objektiv unmöglich wäre, zumindest über einen Übertragungsweg (Terrestrik, Kabel, Satellit, Internet oder Mobilfunk) Rundfunk zu empfangen. Satz 3 sieht schließlich vor, dass die Regelung in Absatz 4 auf das Verfahren zur Bescheidung von Anträgen auf Rundfunkbeitragsbefreiung nach Absatz 6 entsprechende Anwendung findet.

Absatz 7 Satz 1 bestimmt ausdrücklich, dass Anträge auf Befreiung oder Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht vom Beitragsschuldner schriftlich bei der zuständigen Landesrundfunkanstalt zu stellen sind. Der Antrag auf Befreiung betrifft sowohl Anträge auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach Absatz 1 als auch solche nach Absatz 6. Die Voraussetzungen für die Befreiung oder Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht sind durch die entsprechende Bestätigung der Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch den entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen (Satz 2). Im Falle des Absatzes 1 Nr. 10 genügt eine ärztliche Bescheinigung. Für Inhalt und Umfang der betreffenden Bestätigungen, Bescheide oder ärztlichen Bescheinigungen ist die jeweils im Sinne von Satz 2 zuständige Einrichtung (Behörde, Leistungsträger, Arzt) verantwortlich. Dies gilt auch für die von der betreffenden Einrichtung hierfür zu erhebenden und zu verwendenden Daten. Diese Regelung knüpft an die Regelung des § 6 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages mit folgenden Maßgaben an: Hinsichtlich der Bescheiderteilung wird nicht nur auf Leistungsträger, sondern auch auf Behörden abgestellt. Letzteres ist für den Fall der Beitragsermäßigung nach Absatz 2 von Bedeutung, da die Einrichtungen, die Feststellungen hinsichtlich der in Absatz 2 bestimmten Beeinträchtigungen treffen, keine Leistungen erbringen. Ärztliche Bescheinigungen reichen als Nachweis für das Vorliegen des Befreiungstatbestandes des Absatzes 1 Nr. 10 aus. Die Zuständigkeit für die Bestimmung von Inhalt und Ausgestaltung der Bestätigungen, Bescheide und Bescheinigungen im Sinne von Satz 2 sowie der in diesem Zusammenhang zu erhebenden und zu verwendenden Daten wird konkretisiert. Satz 3 enthält eine besondere Anzeigepflicht: In Anträgen auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht oder auf Ermäßigung der Rundfunkbeitragspflicht sind die Namen der weiteren volljährigen Bewohner der Wohnung mitzuteilen.

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