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B. Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu § 1

Die Vorschrift beschreibt die Zwecksetzung des Rundfunkbeitrags und legt damit die zulässige Verwendung der Beitragseinnahmen fest. Im 1. Halbsatz wird zunächst die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Zweck benannt. Der Rundfunkbeitrag als öffentlich-rechtliche Abgabe knüpft an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Er entwickelt die bisherige nutzungsunabhängige Rundfunkgebühr fort zu einem Beitrag, der nicht mehr an das Bereithalten eines Empfangsgerätes anknüpft. Der Rundfunkbeitrag ist vorrangige Finanzierungsquelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Frage, welche Finanzierungsart der Gesetzgeber wählt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich Sache seiner politischen Entscheidung. Wie bei der Festlegung der Rundfunkordnung selbst, endet die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers erst dort, wo die Funktion des Rundfunks, der freiheitlichen individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu dienen, gefährdet wird. Die Verweisung auf § 12 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages konkretisiert die Verwendung der Beitragsmittel zur Wahrnehmung der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die in Bezug genommenen gesetzlichen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestehen gemäß § 11a Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages in der Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen sowie von Telemedien einschließlich programmbegleitender Druckwerke. Weitere Zwecksetzung des Rundfunkbeitrags ist gemäß § 1 Halbsatz 2 die Finanzierung der Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrages.

Zu § 2

§ 2 regelt die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich. Die Höhe des konkreten Rundfunkbeitrags ergibt sich aus dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Nach Artikel 6 Nr. 8 dieses Staatsvertrages wird der Rundfunkbeitrag im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag vorbehaltlich einer Neufestsetzung im Verfahren nach § 3 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages 17,98 Euro betragen und damit der Höhe nach der Summe aus der bisherigen Grund- und Fernsehgebühr entsprechen.

In Absatz 1 sind mit der Anknüpfung an die Wohnung und dem Verzicht auf einen Gerätebezug die grundlegenden Prinzipien des neuen Beitragsmodells verankert. Zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat beizutragen, wer die allgemein zugänglichen Angebote des Rundfunks empfangen kann, aber nicht notwendig empfangen (haben) muss. Konnte zur Typisierung dieses Sachverhalts herkömmlich an das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts angeknüpft werden, spiegelt dies den typischen Tatbestand im privaten Bereich angesichts der Konvergenz der Medien nicht mehr hinreichend wider, zumal Empfangsgeräte zunehmend an Mobilität gewinnen. Damit hat der Gerätebezug seine normative Abgrenzungskraft verloren. Gemeinschaftsbegründendes und damit geeignetes Abgrenzungsmerkmal bleibt demgegenüber die Zugehörigkeit zu einem Haushalt in einer Wohnung. Die Vermutung gemeinsamer Nutzung und gemeinsamer Empfangsmöglichkeiten ist im Hinblick auf den Sachverhalt des Haushalts nach wie vor gerechtfertigt. Unterschiedliche Nutzungsarten und -gewohnheiten gleichen sich innerhalb der Wohnung aus. Der deshalb nunmehr auf die Wohnung bezogene Beitrag ist im Hinblick auf die Vielzahl der Schuldner und die Häufigkeit der Erhebung des jeweiligen Beitrags einfach und praktikabel auszugestalten. Hierzu bedarf es einer verständlichen und nachvollziehbaren Typisierung, die einen verlässlichen Anknüpfungstatbestand bietet, zugleich den Schutz der Privatsphäre der Beitragszahler stärkt und nicht auf die individuelle Nutzung des Rundfunkangebots abstellt. Diese regulativen Ziele werden durch die Anknüpfung an die Wohnung erreicht (vgl. im Einzelnen die Begründung zu § 3). Der für die Wohnung entrichtete Beitrag deckt sämtliche mögliche Nutzungsarten ab, darunter auch mobile und portable, wie etwa die Nutzung im Kraftfahrzeug. Mit der Grundsatzentscheidung für ein geräteunabhängiges Beitragsmodell entfällt eine Differenzierung zwischen Grund-und Fernsehgebühr. Aufgrund der fortschreitenden Medienkonvergenz werden Hörfunk-und Fernsehangebote immer weniger auf speziellen Empfangsgeräten abgerufen, sondern immer häufiger sind Endgeräte geeignet, unterschiedlichste Angebote wiederzugeben.

Die Beitragspflicht besteht unabhängig von der tatsächlichen Rundfunknutzung, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk der gesamten Gesellschaft nutzt. Die Beitragspflicht knüpft an die theoretische Möglichkeit der Nutzung an, ohne dass in der Wohnung die für einen Empfang erforderlichen Einrichtungen vorhanden sein müssen. Da davon auszugehen ist, dass in ganz Deutschland technisch der Empfang von Rundfunk ermöglicht werden kann, kann die Beitragspflicht auch nicht durch den Einwand abgewendet werden, in der konkreten Wohnung erfolge keine Rundfunknutzung bzw. es existierten keine technischen Empfangseinrichtungen. Nach Absatz 1 sind dem Grunde nach alle Wohnungsinhaber, d. h. alle volljährigen Bewohner einer Wohnung, Beitragsschuldner und zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags verpflichtet. Häufig werden in einer Wohnung mehrere Beitragsschuldner wohnen. Aus dem Wesen der Gesamtschuld (vgl. unten zu Absatz 3) ergibt sich jedoch, dass für jede Wohnung unabhängig von der Zahl der Bewohner monatlich nur ein Beitrag zu entrichten ist. Absatz 1 schließt nicht aus, dass eine Person Inhaber mehrerer Wohnungen und damit auch Beitragsschuldner für mehrere Wohnungen ist. In der Praxis ist dies beispielsweise bei privat genutzten Ferien- und Zweitwohnungen der Fall.

Absatz 2 definiert, wer Inhaber einer Wohnung und damit Beitragsschuldner nach Absatz 1 ist. Inhaber ist nach der Legaldefinition jeder volljährige Bewohner einer Wohnung. Nach Absatz 2 Satz 2 wird derjenige als Inhaber vermutet, der dort nach dem Melderecht gemeldet oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist. Zugleich wird vermutet, dass die dort gemeldete oder als Mieter genannte Person die Wohnung selbst bewohnt. Die Vermutung nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 1, dass die Person, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist, auch Inhaber der Wohnung ist, gilt unabhängig davon, ob die Person in dieser Wohnung alleine oder gemeinsam mit anderen Personen gemeldet ist. Ebenso ist irrelevant, ob die Wohnung als Haupt- oder als Nebenwohnung geführt wird. Primär wird auf die Meldung nach dem Melderecht gemäß Nummer 1 abgestellt werden. Dass nach Nummer 2 auch jede im Mietvertrag genannte Person als Inhaber vermutet wird, wird praktisch vor allem in den Fällen relevant werden, in denen die Meldedaten keinen eindeutigen Rückschluss darauf zulassen, wer Inhaber der Wohnung ist. Die Daten des Mieters sind vom Vermieter auch nicht regelmäßig gegenüber der Rundfunkanstalt anzuzeigen. Vielmehr ist nach § 9 Abs. 1 Satz 2 der Eigentümer oder der vergleichbar dinglich Berechtigte der Wohnung nur dann auf Nachfrage im Einzelfall verpflichtet, der Landesrundfunkanstalt Auskunft über den tatsächlichen Inhaber der Wohnung zu erteilen, wenn der Inhaber anders nicht festgestellt werden konnte. In diesen Fällen wird durch die Vermutung nach Nummer 2 zum Beispiel vermieden, dass der Nachweis des Innehabens und damit der Beitragspflicht durch Untervermietungen, die dem Eigentümer nicht mitgeteilt werden, erschwert wird.

Durch die Vermutung ist nicht ausgeschlossen, dass auch andere oder weitere Personen, die nicht gemeldet oder im Mietvertrag genannt sind, als Wohnungsinhaber anzusehen und damit Beitragsschuldner sind. Die Vermutung nach Absatz 2 Satz 2 kann widerlegt werden. Den Nachweis, dass eine Wohnung nicht bewohnt wird, hat die betreffende gemeldete oder im Mietvertrag genannte Person zu führen. Die sich aus dem Melderecht ergebende Verpflichtung, sich an-, um- oder abzumelden, bleibt davon unberührt. Die Landesrundfunkanstalten legen in ihren Satzungen Kriterien für diesen Nachweis fest, um eine einheitliche Verwaltungspraxis sicher zu stellen. Absatz 2 schließt nach seinem Wortlaut aus, dass Minderjährige Inhaber einer Wohnung im Sinne dieses Staatsvertrages sind. Damit sind Minderjährige generell nicht beitragspflichtig, selbst wenn sie in einer eigenen Wohnung leben. Dementsprechend besteht für Minderjährige keine Verpflichtung zur Anmeldung nach § 8 Abs. 1. Sofern die Landesrundfunkanstalt auf anderem Wege Kenntnis von Daten Minderjähriger erlangt, dürfen diese nicht bis zur Volljährigkeit gespeichert werden. Die Speicherung dieser Daten ist mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig, denn es steht fest, dass eine Beitragspflicht dem Grunde nach nicht besteht (§ 11 Abs. 5 Satz 2). Sobald die Volljährigkeit erreicht wird, entsteht jedoch auch die Anzeigepflicht nach § 8 Abs. 1.

Aus Absatz 3 Satz 1 ergibt sich, dass auch im Falle mehrerer Beitragsschuldner für jede Wohnung nur ein Beitrag zu zahlen ist. Durch die Anknüpfung an die Wohnung – die hier als Typisierung für den Haushalt zu betrachten ist (vgl. oben) – unabhängig von der Zahl der Bewohner und der Frage, ob es sich bei der Wohnung für die Bewohner um einen Erst- oder Zweitwohnsitz handelt, wird außerdem vermieden, dass Daten aller Bewohner ermittelt werden müssen. Die Bewohner einer Wohnung schulden nebeneinander dieselbe Leistung; es reicht jedoch aus, wenn ein Bewohner bekannt ist und den Rundfunkbeitrag entrichtet. Dies bedeutet auch, dass alle Bewohner jeweils die gesamte Leistung schulden und sie nicht anteilig in Anspruch zu nehmen sind. Wird der Rundfunkbeitrag von einem Bewohner entrichtet, wirkt diese Leistung auch zu Gunsten der übrigen Beitragsschuldner. Die Befreiung eines Beitragsschuldners wirkt sich nur in den in § 4 Abs. 3 geregelten Fällen auf die übrigen Bewohner aus. Sonstige Tatsachen gelten grundsätzlich nur für den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Es besteht grundsätzlich keine gesetzlich vorgegebene Rangfolge unter den Verpflichteten. In der Praxis wird von den Bewohnern durch die Anmeldung nach § 8 Abs. 1 und 3 festgelegt, wer gegenüber der Landesrundfunkanstalt vorrangig in Erscheinung treten und in Anspruch genommen werden soll. Jedoch kann die Landesrundfunkanstalt im Einzelfall den Beitragsschuldner heranziehen, der einen vollen Beitrag zu entrichten hat.

Die Landesrundfunkanstalt kann für zurückliegende Zeiträume nicht gezahlte Beiträge von einem anderen als dem bisher in Anspruch genommenen Beitragsschuldner erheben. Für zwei unterschiedliche Fallkonstellationen erfährt dieser allgemeine Grundsatz der Gesamtschuld bezogen auf den Leistungsanspruch der Landesrundfunkanstalt durch Absatz 3 Satz 2 eine Einschränkung. Zunächst wird der Rückgriff auf einen Beitragsschuldner, für den zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch die Landesrundfunkanstalt die Voraussetzungen einer Befreiung von der Beitragspflicht nach § 4 Abs. 1 nachgewiesen werden, ausgeschlossen. Der Beitragsbefreiung liegt zugrunde, dass der Beitragsschuldner als nicht ausreichend finanziell leistungsfähig angesehen wird, um laufende Beiträge zu leisten. Deshalb soll er auch vor der nachträglichen Erhebung zurückliegender Beiträge durch die Landesrundfunkanstalt geschützt werden. Im Falle der Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt der Inanspruchnahme wird die Rückgriffsmöglichkeit nach Absatz 3 Satz 2 außerdem dadurch eingeschränkt, dass dem bisher nicht in Anspruch genommenen Bewohner die Möglichkeit eingeräumt wird, nachzuweisen, dass bei ihm für diesen zurückliegenden Zeitraum die Voraussetzungen für die Befreiung von der Beitragspflicht nach § 4 Abs. 7 Satz 2 vorgelegen haben. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine rückwirkende Befreiung von der Beitragspflicht nach § 4 Abs. 4 ausgeschlossen ist. Gleichzeitig sollen vorsorgliche Anträge auf Beitragsbefreiung vermieden werden. Wohnen nämlich mehrere Personen gemeinsam in einer Wohnung, löst die Wohnung eine Beitragspflicht aus, wenn nur eine volljährige Person nicht selbst befreit oder in den Geltungsbereich nach § 4 Abs. 3 einbezogen ist. Bestünde die in Absatz 3 Satz 2 enthaltene Möglichkeit des nachträglichen Nachweises nicht, müsste der Betroffene auch dann einen Befreiungsantrag stellen, wenn die Befreiung keine Auswirkung auf die Beitragspflicht für die Wohnung hätte, um sich vor einer eventuellen künftigen Inanspruchnahme zu schützen. Dieser bürokratische Aufwand sowie die damit verbundene vorbeugende Erhebung und Speicherung von Daten von Personen, von denen kein Beitrag erhoben werden kann, wird durch diese Regelung für den Betroffenen und die Landesrundfunkanstalt vermieden. Davon unberührt bleibt jedoch eine eventuelle Haftung im Innenverhältnis. Wer im Innenverhältnis welchen Anteil am Rundfunkbeitrag zu entrichten hat, bzw. ob der von der Landesrundfunkanstalt in Anspruch genommene Beitragsschuldner von den übrigen Bewohnern Regress verlangen kann, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Gesamtschuld und kann von den Bewohnern einer gemeinsamen Wohnung selbst festgelegt werden.

Absatz 4 entspricht inhaltlich dem bisherigen § 5 Abs. 6 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages. Gegenüber Personen, die unter diese Regelung fallen, kann die Beitragspflicht nicht zwangsweise durchgesetzt werden.

 

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