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Zu Artikel 10:

 

Art. 10 ergänzt die Regelungen des Art. 9 zu den allgemeinen Programmgrundsätzen. Im Gegensatz zu Art. 9, der nur für bundesweit verbreiteten privaten Rundfunk (Art. 9 Abs. 5) und begrenzt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Art. 16 Abs. 2) gilt, enthält Artikel 10 eine generelle Regelung über unzulässige Sendungen und den Jugendschutz für den gesamten Bereich des Rundfunks, also für alle privaten Programme unabhängig von bundesweiter, regionaler oder lokaler Verbreitung, und ebenso für alle Programme der Landesrundfunkanstalten und des ZDF (Art. 16 Abs. 2). Die Regelung ist - vorbehaltlich der Möglichkeiten des Art. 10 Abs. 4 und des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 - abschließend und setzt deshalb anderweitige Regelungen für Programme privater Veranstalter und für die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und das ZDF außer Kraft (Art. 16 Abs. 1).

 

Damit trägt der Staatsvertrag dem Umstand Rechnung, dass dem Jugendschutz, dem Schutz vor Pornografie sowie dem Schutz vor Rassenhass, Kriegsverherrlichung und Verherrlichung oder Verharmlosung von Gewalt im Sinne einer ländereinheitlichen Regelung eine ganz besondere Bedeutung zukommt.

 

Absatz 1 bezeichnet Sendungen, die ausnahmslos unzulässig sind. Er erfasst mit den Nummern 1 und 3 Straftatbestände und mit der Nummer 2 die Kriegsverherrlichung sowie mit der Nummer 4 sonstige Darstellungen, die offensichtlich geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich schwer zu gefährden.

 

Die Absätze 2 und 3 enthalten keine Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 1; sie treffen vielmehr Vorsorge gegen eine Beeinträchtigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls von Kindern oder Jugendlichen, indem sie vorschreiben, zu welchen Tageszeiten ungeeignete Sendungen nicht verbreitet werden dürfen, es sei denn, dass anderweitig ausgeschlossen wird, dass die Sendungen von Kindern oder Jugendlichen üblicherweise wahrgenommen werden. Es hat sich angeboten, hierbei weitestgehend an das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit und an das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften anzuknüpfen. Soweit sich Regelungen über Filme nach dem neuen Jugendschutzrecht z. B. auch auf bespielte Videokassetten beziehen, gilt Art. 10 ebenfalls. Die Vorschrift erfasst alle Bildträger, die unter das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit fallen.

 

Absatz 4 lässt Abweichungen von den Grundsätzen der Absätze 2 und 3 zu. Dies kann im Einzelfall oder durch Richtlinien für die Sendezeitgrenzen gelten. Ebenfalls im Einzelfall oder durch Richtlinien kann von den Bewertungen abgewichen werden, die den Absätzen 2 und 3 zugrunde liegen; dies gilt vor allem für Filme, deren Bewertung länger als 15 Jahre zurückliegt. Es ist also z. B. auch zulässig, von einer Bewertung von Filmen hinsichtlich der Freigabe für Jugendliche bestimmter Altersgruppen im Einzelfall oder generell abzuweichen, auch wenn die Bewertung noch keine 15 Jahre zurückliegt.

 

Mit Absatz 4 ist eine flexible Regelung getroffen, mit der den heutigen Anschauungen voll entsprochen werden kann. Sie trägt den Rundfunkveranstaltern, aber auch dem betroffenen Personenkreis Rechnung. Zuständig für Ausnahmeregelungen sind für den privaten Rundfunk die nach Landesrecht bestimmten Stellen, für den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk die jeweilige Rundfunkanstalt selbst (Art. 16 Abs. 2). Zwar sind hier – anders z. B. als bei Art. 3 Abs. 8 und Art. 7 Abs. 8 – keine gemeinsamen Richtlinien vorgeschrieben; wenn von der Möglichkeit des Art. 10 Abs. 4 Gebrauch gemacht werden soll, empfiehlt sich dennoch (schon wegen Art. 12 Abs. 2 und 3) die Vereinbarung gemeinsamer Anwendungsgrundsätze für jedes Rundfunksystem. Auch sollten im Hinblick auf den einheitlichen Schutzzweck der Norm unterschiedliche Handhabungen im öffentlich‑rechtlichen und privaten Rundfunk vermieden werden.

 

Zu Artikel 11:

 

Herangeführte Programme sind Programme, die außerhalb des Gebietes, in dem sie veranstaltet werden, durch fernmeldetechnische Übertragungswege (Kabel, Richtfunk, Fernmeldesatellit) empfangbar gemacht werden sollen. Ihre Weiterverbreitung in Kabelanlagen stellt rundfunkrechtlich keine neue Rundfunkveranstaltung dar, wenn eine zeitgleiche und unveränderte Weiterverbreitung erfolgt. Es handelt sich jedoch nicht nur um einen fernmeldetechnischen, sondern auch um einen rundfunkrechtlich relevanten Vorgang, der rundfunkrechtliche Regelungen erfordert.

 

Art. 11 regelt nur die Weiterverbreitung bundesweit herangeführter Programme, unabhängig von der Organisation des Rundfunkveranstalters, und er erfasst nur solche, die im Herkunftsland in rechtlich zulässiger Weise veranstaltet werden. Bundesweit herangeführt ist ein Rundfunkprogramm dann, wenn die in Anspruch genommene Verbreitungstechnik geeignet ist, das Programm in allen Ländern in die vorhandenen Kabelnetze einzuspeisen (z. B. bei einer Ausstrahlung über Fernmeldesatelliten). Erfasst werden also z. B. nicht Rundfunkprogramme, die gezielt nur in ein einzelnes Bundesland oder in einige Bundesländer transportiert werden und über die nur dort weiterverfügt wird. Nicht bundesweit herangeführte Programme unterliegen ausschließlich den landesrechtlichen Vorschriften (Art. 16 Abs. 2).

 

Werden bundesweit herangeführte inländische Rundfunkprogramme in rechtlich zulässiger Weise veranstaltet, d. h. ist der Veranstalter nach dem für ihn geltenden Recht zur Verbreitung des betreffenden Rundfunkprogramms befugt, und erfolgt die Weiterverbreitung zeitgleich und unverändert, so muss sie durch Landesrecht ermöglicht werden (Absatz 1). Bei ausländischen Rundfunkprogrammen kommt als Voraussetzung hinzu, dass sie den Anforderungen an die Veranstaltung von Rundfunkprogrammen entsprechend dem Staatsvertrag gerecht werden und dass ein Gegendarstellungs- oder ähnliches Recht gewährleistet ist. Es ist nur eine entsprechende Anwendung des Staatsvertrages vorzunehmen, weil ausländisches Recht aus der Natur der Sache heraus gar nicht identisch mit inländischen Normen sein kann (vgl. z. B. Artikel 8). Das Landesrecht kann allerdings geringere Voraussetzungen für eine Weiterverbreitung vorsehen.

 

Die Pflicht zur Ermöglichung der Weiterverbreitung nach Absatz 1 und 2 berührt nicht sonstige landesgesetzliche Regelungen, vor allem über die in Absatz 3 selbst genannte Rangfolge bei der Weiterverbreitung und z. B. das Urheberrecht.

 

Zu Artikel 12:

 

Wegen der nach Landesrecht zuständigen Stelle wird auf die Begründung zu Art. 7 im letzten Absatz verwiesen.

 

Art. 12 enthält Mindestbestimmungen für die Aufsicht über den privaten Rundfunk. Soweit er keine anderweitigen Regelungen enthält, gilt das jeweilige Landesrecht einschließlich der bereits abgeschlossenen norddeutschen und süddeutschen Staatsverträge fort (Art. 16 Abs. 1). Art. 12 gilt nicht für die staatliche Rechtsaufsicht, die sich ausschließlich nach Landesrecht richtet.

 

Art. 12 lässt lediglich eine Rechtskontrolle, und nur in Bezug auf die Bestimmungen des Staatsvertrages, zu. Die Kontrolle kann sowohl den bundesweit verbreiteten privaten Rundfunk, als auch sonstige private Programme, also auch regionale und lokale Programme (vgl. z. B. Artikel 7), betreffen. Die Aufsicht über die Einhaltung von Bestimmungen, die nicht Gegenstand des Staatsvertrages sind, regelt Art. 12 nicht.

 

Bei Rechtsverstößen gegen die Bestimmungen des Staatsvertrages sind die nach den landesrechtlichen Regelungen zulässigen Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen (Absatz 1 Satz 2). Sowohl bezüglich der Durchführung der Aufsicht, als auch bezüglich der Aufsichtsmaßnahmen stimmen sich die nach Landesrecht zuständigen Stellen ab und erarbeiten gemeinsame Verfahrensgrundsätze (Absatz 2). Dadurch wird eine ländereinheitliche Handhabung gewährleistet.

 

Absatz 3 normiert ein Beanstandungsrecht auch der Aufsichtsstelle, die das ausgestrahlte Rundfunkprogramm nicht zugelassen hat; dies gilt allerdings nur für bundesweit verbreitete Programme. Die für die Zulassung zuständige Stelle ist verpflichtet, der Beanstandung in der in Absatz 3 Satz 2 bezeichneten Weise nachzugehen.

 

 

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